Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die tägliche Not auf den A 8 Parkplätzen
Verkehr Ein Bild, das jeder kennt: Auf Rastanlagen ist nachts jeder Quadratmeter dicht. Was Fahrer riskieren, wenn sie ihre Brummis verbotswidrig abstellen und wie sich die Polizei verhält
Landkreis Augsburg Jeden Abend wird es richtig voll: Auf den Rastanlagen der A8 stehen Hunderte Brummis. Seite an Seite, kaum ein Meter dazwischen. Wer einen Stellplatz für die Nacht gefunden hat, darf sich glücklich schätzen. Wer keinen hat, muss weiter. Und suchen. Oder er stellt seinen Sattelzug dort ab, wo es verboten ist: zum Beispiel in den Zu- und Abfahrten. Die Fahrer riskieren so schwere Unfälle – den letzten gab es im August am Rastplatz Streitheimer Forst. Sie riskieren gleichzeitig Ärger mit der Polizei. Am Problem ändert das nichts: „Es gibt zu wenige Parkplätze. Die Situation ist unumstritten schlecht“, sagt Ingrid Eibner. Sie ist die Geschäftsführerin des LogistikClusters Schwaben, des Zusammenschlusses der Logistikwirtschaft.
Das Problem wird sich in den kommenden Jahren verschärfen: Denn laut Statistiken nimmt der Güterverkehr auf Deutschlands Straßen weiter zu. Allein in den ersten Monaten des Jahres wurden auf den mautpflichtigen Straßen in Deutschland mehr Kilometer gefahren als im Vorjahr. Gleichzeitig stieg laut Bundesamt für Güterverkehr der Anteil der im Ausland zugelassenen Fahrzeuge an. Die meisten von ihnen brauchen nachts einen Stellplatz. Aber wo gibt es den?
Zwischen Ulm und Augsburg sind keine neuen Parkplätze angedacht. „Wir hatten eine Vorgabe beim Bau der Stellflächen, die auch eingehalten wurde“, sagt Robert Schmidt. Er ist der Geschäftsführer des A-8-Betreibers Pansuevia, der zwischen 2011 und 2015 die Autobahn in dem Abschnitt ausgebaut hat und für den Unterhalt verantwortlich zeichnet. Das Unternehmen ist derzeit unter anderem mit der Sanierung von Autoparkplätzen beschäftigt. Die Stellflächen wurden von Lastern benutzt, was zu Schäden führte: Bordsteine hielten dem höheren Gewicht nicht Stand.
Der Konzessionsnehmer Autobahnplus, der sich nach dem sechsstreifigen Ausbau für den reibungslosen Betrieb des 52 Kilometer langen Abschnitts zwischen Augsburg und München kümmert, plant zusammen mit der Autobahndirektion Südbayern neue Parkplätze für Lastwagen. „Was wir im Rahmen unserer Möglichkeiten machen können, wollen wir auch umsetzen“, sagt Geschäftsführer Hermann Wenzel. Außerdem sollen die Zugänge der Rastplätze mit Leitplanken verengt werden – damit wird den Brummifahren die Möglichkeit genommen, in den kritischen Bereichen zu halten. Vielleicht hätte sich so auch der Unfall im Streitheimer Forst verhindern lassen können.
Eine 27-jährige Golffahrerin knallte im August nachts in der Zufahrt gegen das Heck eines Lastwagens, der verbotenerweise am linken Fahrbahnrand geparkt hatte. Durch die Wucht des Aufpralls schob sich die komplette Front des Golfs unter den Sattelauflieger. Die 27-Jährige am Steuer wurde eingeklemmt und zog sich schwere Bein- und Augenverletzungen zu. Der Lastwagenfahrer wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung sowie verkehrsrechtlicher Ordnungswidrigkeiten angezeigt.
Wäre der Laster der Autobahnpolizei in dieser Nacht aufgefallen, dann hätten die Beamten den Fahrer auffordern können, seinen Brummi wegzufahren – auch wenn er dann gegen seine Lenk- und Ruhezeiten verstoßen hätte. Das spiele keine Rolle, erklärt der stellvertretende Leiter der Autobahnpolizei in Gersthofen, Wolfgang Sandner. Sollte sich ein Brummilenker weigern, dann besteht die Möglichkeit, die Forderung durch einen Abschleppunternehmen umzusetzen. Sandner: „Wir müssen freilich jedes Mal die Gefährdung beurteilen und die Verhältnismäßigkeit abwägen.“Seiner Erfahrung nach hat sich das Problem mit den verbotswidrigen Parkern in den vergangenen zehn Jahren verschärft.
Das gilt übrigens auch für den Frustpegel in vielen Fahrerkabinen. Der Druck in der Transportbranche ist gestiegen. Berufskraftfahrer haben einen vorgegebenen Takt, wesentlicher Faktor ist die Zeit. Und die hat niemand, um sich lange einen freien Parkplatz zu suchen. Geschweige denn, sich abseits der Autobahnen umzuschauen, erklärt Ingrid Eibner vom Logistik-Cluster. Kein Fahrer wolle riskieren, nachts in einem Industriegebiet von Unbekannten heimgesucht zu werden, die die Planen aufschlitzen und sich an der Ladung bedienen. „Außerdem brauchen sie Sanitäreinrichtungen.“
Eibner hofft, dass im Zuge der Digitalisierung neue Apps und Internetportale entstehen, die freie Stellplätze an der Autobahn anzeigen. „So etwas würde das Leben der Fahrer erleichtern“, sagt die Geschäftsführerin des Logistik-Netzwerks. »Kommentar
„Wir müssen jedes Mal die Gefährdung beurteilen und die Verhältnismäßigkeit abwägen.“Wolfgang Sandner, stellvertretender Leiter der Autobahnpolizei