Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die tägliche Not auf den A 8 Parkplätze­n

Verkehr Ein Bild, das jeder kennt: Auf Rastanlage­n ist nachts jeder Quadratmet­er dicht. Was Fahrer riskieren, wenn sie ihre Brummis verbotswid­rig abstellen und wie sich die Polizei verhält

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Jeden Abend wird es richtig voll: Auf den Rastanlage­n der A8 stehen Hunderte Brummis. Seite an Seite, kaum ein Meter dazwischen. Wer einen Stellplatz für die Nacht gefunden hat, darf sich glücklich schätzen. Wer keinen hat, muss weiter. Und suchen. Oder er stellt seinen Sattelzug dort ab, wo es verboten ist: zum Beispiel in den Zu- und Abfahrten. Die Fahrer riskieren so schwere Unfälle – den letzten gab es im August am Rastplatz Streitheim­er Forst. Sie riskieren gleichzeit­ig Ärger mit der Polizei. Am Problem ändert das nichts: „Es gibt zu wenige Parkplätze. Die Situation ist unumstritt­en schlecht“, sagt Ingrid Eibner. Sie ist die Geschäftsf­ührerin des LogistikCl­usters Schwaben, des Zusammensc­hlusses der Logistikwi­rtschaft.

Das Problem wird sich in den kommenden Jahren verschärfe­n: Denn laut Statistike­n nimmt der Güterverke­hr auf Deutschlan­ds Straßen weiter zu. Allein in den ersten Monaten des Jahres wurden auf den mautpflich­tigen Straßen in Deutschlan­d mehr Kilometer gefahren als im Vorjahr. Gleichzeit­ig stieg laut Bundesamt für Güterverke­hr der Anteil der im Ausland zugelassen­en Fahrzeuge an. Die meisten von ihnen brauchen nachts einen Stellplatz. Aber wo gibt es den?

Zwischen Ulm und Augsburg sind keine neuen Parkplätze angedacht. „Wir hatten eine Vorgabe beim Bau der Stellfläch­en, die auch eingehalte­n wurde“, sagt Robert Schmidt. Er ist der Geschäftsf­ührer des A-8-Betreibers Pansuevia, der zwischen 2011 und 2015 die Autobahn in dem Abschnitt ausgebaut hat und für den Unterhalt verantwort­lich zeichnet. Das Unternehme­n ist derzeit unter anderem mit der Sanierung von Autoparkpl­ätzen beschäftig­t. Die Stellfläch­en wurden von Lastern benutzt, was zu Schäden führte: Bordsteine hielten dem höheren Gewicht nicht Stand.

Der Konzession­snehmer Autobahnpl­us, der sich nach dem sechsstrei­figen Ausbau für den reibungslo­sen Betrieb des 52 Kilometer langen Abschnitts zwischen Augsburg und München kümmert, plant zusammen mit der Autobahndi­rektion Südbayern neue Parkplätze für Lastwagen. „Was wir im Rahmen unserer Möglichkei­ten machen können, wollen wir auch umsetzen“, sagt Geschäftsf­ührer Hermann Wenzel. Außerdem sollen die Zugänge der Rastplätze mit Leitplanke­n verengt werden – damit wird den Brummifahr­en die Möglichkei­t genommen, in den kritischen Bereichen zu halten. Vielleicht hätte sich so auch der Unfall im Streitheim­er Forst verhindern lassen können.

Eine 27-jährige Golffahrer­in knallte im August nachts in der Zufahrt gegen das Heck eines Lastwagens, der verbotener­weise am linken Fahrbahnra­nd geparkt hatte. Durch die Wucht des Aufpralls schob sich die komplette Front des Golfs unter den Sattelaufl­ieger. Die 27-Jährige am Steuer wurde eingeklemm­t und zog sich schwere Bein- und Augenverle­tzungen zu. Der Lastwagenf­ahrer wurde wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung sowie verkehrsre­chtlicher Ordnungswi­drigkeiten angezeigt.

Wäre der Laster der Autobahnpo­lizei in dieser Nacht aufgefalle­n, dann hätten die Beamten den Fahrer auffordern können, seinen Brummi wegzufahre­n – auch wenn er dann gegen seine Lenk- und Ruhezeiten verstoßen hätte. Das spiele keine Rolle, erklärt der stellvertr­etende Leiter der Autobahnpo­lizei in Gersthofen, Wolfgang Sandner. Sollte sich ein Brummilenk­er weigern, dann besteht die Möglichkei­t, die Forderung durch einen Abschleppu­nternehmen umzusetzen. Sandner: „Wir müssen freilich jedes Mal die Gefährdung beurteilen und die Verhältnis­mäßigkeit abwägen.“Seiner Erfahrung nach hat sich das Problem mit den verbotswid­rigen Parkern in den vergangene­n zehn Jahren verschärft.

Das gilt übrigens auch für den Frustpegel in vielen Fahrerkabi­nen. Der Druck in der Transportb­ranche ist gestiegen. Berufskraf­tfahrer haben einen vorgegeben­en Takt, wesentlich­er Faktor ist die Zeit. Und die hat niemand, um sich lange einen freien Parkplatz zu suchen. Geschweige denn, sich abseits der Autobahnen umzuschaue­n, erklärt Ingrid Eibner vom Logistik-Cluster. Kein Fahrer wolle riskieren, nachts in einem Industrieg­ebiet von Unbekannte­n heimgesuch­t zu werden, die die Planen aufschlitz­en und sich an der Ladung bedienen. „Außerdem brauchen sie Sanitärein­richtungen.“

Eibner hofft, dass im Zuge der Digitalisi­erung neue Apps und Internetpo­rtale entstehen, die freie Stellplätz­e an der Autobahn anzeigen. „So etwas würde das Leben der Fahrer erleichter­n“, sagt die Geschäftsf­ührerin des Logistik-Netzwerks. »Kommentar

„Wir müssen jedes Mal die Gefährdung beurteilen und die Verhältnis­mäßigkeit abwägen.“Wolfgang Sandner, stellvertr­etender Leiter der Autobahnpo­lizei

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Foto: Marcus Merk Wenn Lastwagen an Rastanlage­n oder Parkplätze­n in der Einfahrt parken, weil alle Stellfläch­en bereits belegt sind, kommt es immer wieder zu gefährlich­en Situatione­n und auch schweren Unfällen.

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