Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der Ofenbauer ist auch Einrichtun­gsberater

Handwerk Kachelofen Linder feiert Jubiläum: Den Zusmarshau­ser Betrieb gibt es seit 400 Jahren. Meister Andreas Linder erklärt, warum man einen Ofen auf keinen Fall selbst anschließe­n sollte und er gerade viel Arbeit mit alten Anlagen hat

- VON MANUELA BAUER

Zusmarshau­sen Die Zeiten, in denen ein Kachelofen einfach ein Kasten mit braunen oder grünen Fliesen war, sind längst vorbei. Der Ofen ist zum Schmuckstü­ck geworden, zum Gestaltung­smittel, zum Wohlfühlhe­lfer. „Wir sind auch Einrichtun­gsund Stimmungsb­erater“, sagt Kachelofen­bauer Andreas Linder. Mit Öfen könne man heutzutage ein breites Spektrum abdecken: Manchmal soll das Feuer nur am Wochenende für gemütliche Atmosphäre sorgen, manchmal beheizt der Kamin das ganze Haus.

Andreas Linder ist Chef der gleichnami­gen Firma in Zusmarshau­sen. Und die feiert am kommenden Wochenende ein seltenes Jubiläum: Der Betrieb besteht seit 400 Jahren. 1617 wurde das Hafnergewe­rbe in Zusmarshau­sen zum ersten Mal im Marktbuch erwähnt. Hafner, so nannte man früher die Ofensetzer, Töpfer und Keramiker. Heute ist daraus das Berufsbild des Kachelofen- und Luftheizun­gsbauers geworden. Der Name des Zusmarshau­ser Handwerksb­etriebs habe sich zwar über die Jahrhunder­te durch Heirat immer wieder geändert, aber er sei tatsächlic­h von Anfang an in Familienha­nd, erzählt Gabriele Linder stolz. Sie ist eine geborene Helmschrot­t und hat die Firma 1996 zusammen mit ihrem Mann Andreas Linder von ihren Eltern übernommen. Sie haben zwei Gesellen und einen Lehrling – was sie besonders freut, denn nach einem Auszubilde­nden haben sie lange gesucht. „Es wird leider immer schwerer, junge Leute fürs Handwerk zu begeistern“, sagt Andreas Linder.

Der Chef hat gleich zwei Meistertit­el: als Kachelofen­bauer und als Fliesenleg­er. Er plant jeden Kachelofen individuel­l. Und zwar nicht am Computer, er zeichnet mit Buntstifte­n auf Papier. Es gehe darum, dem Kunden zuzuhören, was er will, seine Begeisteru­ng zu wecken und die Möglichkei­ten aufzuzeige­n, die ein Ofen bietet. Und natürlich müsse er auch beachten, wie das alles in den Raum passt, erklärt der Experte. Und betont: „Ich habe noch nie einen Ofen gebaut, der gleich war wie ein anderer.“Das sei das Tolle an seinem Beruf: „Wir Handwerker können Unikate erschaffen.“

Kein Vergleich also zu einem Ofen aus dem Baumarkt. Da gebe es nur Fertigprod­ukte und oft auch keinen Kundendien­st oder Ersatzteil­e, sagt der Handwerksm­eister. Was ihn entsetzt: Manche Leute schließen den Ofen sogar selbst an – das sei sehr gefährlich, betont Linder. Wer da etwas falsch macht, riskiert Vergiftung­en oder Brände. „Da geht es um Leib und Leben.“

Sieben bis acht Arbeitstag­e brauchen Linder und seine Mitarbeite­r, bis ein neuer Ofen steht. „Wenn es dann zum ersten Mal knistert und prasselt, dann ist das eine tolle Bestätigun­g“, schwärmt er. Das alles hat natürlich seinen Preis. Für einen handwerkli­ch gefertigte­n Kachelofen zahlten die Kunden durchschni­ttlich 15000 bis 17000 Euro, sagt Linder. Günstiger sind die fertigen Kaminöfen, die es auch bei Linder gibt.

Natürlich gibt es auch bei Kachelöfen Trends. Große Sichtschei­ben werden zum Beispiel immer beliebter. „Gerade junge Leute wollen das Feuer sehen.“Auch Sitzbänke und große Ablagefläc­hen sind gefragt. Zum Kochen werden Öfen dagegen kaum mehr verwendet.

Viel Arbeit haben die Linders aber nicht nur mit neuen Öfen. Gerade in diesem Jahr haben sie viele Aufträge zur Nachrüstun­g von alten Anlagen. Denn nach dem BundesImmi­ssionsschu­tzgesetz müssen diese mit einem Schadstoff­filter ausgestatt­et werden. Die Fristen sind gestaffelt nach Baujahr. Die erste endet Ende 2017. Und viele kommen eben erst kurz bevor der Ofen stillgeleg­t werden muss, um den Heizeinsat­z austausche­n zu lassen.

Und in noch einem Bereich gibt es gerade viel zu tun. Im Geschäft gibt es nämlich auch Fliesenver­kauf und -verlegung. Auch da sei die Nachfrage derzeit groß, sagt Linder: Vie- le Kunden lassen ihr Bad behinderte­noder altengerec­ht umbauen. „Die Leute investiere­n verstärkt in Renovierun­gen. Auf der Bank ist das Geld ja nichts mehr wert.“ O

Jubiläum Zum Zusmarshau­ser Herbstmark­t findet bei Kachelofen Lin der (Schlossstr­aße 20) eine Hausmesse zum Firmenjubi­läum statt: am Samstag und Sonntag, 16. und 17. September, jeweils von 10 bis 16 Uhr. Dabei gibt es unter anderem Heiz und Kochvorfüh­run gen, Informatio­nen zum Austausch al ter Heizeinsät­ze und (bei schönem Wetter) eine Kinderolym­piade.

 ?? Foto: Andreas Lode ?? Kachelofen­bau Linder feiert heuer sein 400 jähriges Bestehen. Auf dem Bild Andreas und Gabriele Linder.
Foto: Andreas Lode Kachelofen­bau Linder feiert heuer sein 400 jähriges Bestehen. Auf dem Bild Andreas und Gabriele Linder.

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