Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Raser muss nun länger zu Fuß gehen
Prozess Ein gefährliches Fahrmanöver auf der Autobahn kostet einen Autoverkäufer 2800 Euro und neun Monate den Führerschein. Er bestritt den Vorfall zunächst
Landkreis Augsburg Raser auf der Autobahn, die auf der linken Spur den Vordermann drängeln und versuchen, sich mit der Lichthupe den Weg freizukämpfen, provozieren oft gefährliche Situationen. Dann kochen die Emotionen hoch mit riskanten Fahrmanövern und manchmal auch Beleidigungen. In eindeutigen Fällen sind die Gerichte nicht zimperlich. Wer auf diese Art einige Sekunden schneller vorwärtskommen will, muss möglicherweise sehr lange auf seinen Führerschein verzichten. Wie ein Fall beweist, der gestern beim Augsburger Amtsgericht aufgerollt wurde.
Ein Autoverkäufer aus dem Landkreis hatte gegen einen Strafbefehl wegen Verkehrsgefährdung, Nötigung und Beleidigung (2800 Euro Geldstrafe und neun Monate Führerscheinsperre) Einspruch ein- gelegt. Er sah sich zu Unrecht als Drängler an den Pranger gestellt.
Was war passiert an jenem späten Sonntagabend im März? Ein Bundeswehrsoldat aus dem Raum Köln war mit zwei Kameraden in seinem Mercedes D 220 auf der Rückfahrt in die Kaserne in Fürstenfeldbruck. Zwischen Edenbergen und der Ausfahrt West bei Gersthofen setzte er mit Tempo 140 auf der Mittelspur zum Überholen an, zog nach links. Als er auf gleicher Höhe war, so schilderte er nun vor Einzelrichter Stefan Lenzenhuber, sei von hinten ein Hyundai E 235, ein SUV mit 186 PS, „angeschossen“gekommen. „Der Fahrer fuhr so dicht auf, dass man die Scheinwerfer nicht mehr sah. Ich habe mich sehr erschrocken, es war sehr gefährlich.“Der Hyundai habe ihn schließlich rechts überholt. Der 36-jährige Fahrer, der Angeklagte, habe ihm den „Stinkefinger“gezeigt, ihn später noch einmal ausgebremst und dann an der Ausfahrt die Autobahn verlassen. „Ich bin nicht der Typ, der jeden anzeigt“, betonte der Zeuge, der mit seinen beiden Kameraden am folgenden Tag zur Polizei fuhr.
Der Angeklagte (Verteidiger: Christian Uhrig) stellte das Geschehen freilich ganz anders dar. Er sei mit etwa 170 Stundenkilometern gefahren (Staatsanwalt Stephen Soßna sprach von Tempo 200). Der Soldat habe dann seinen Mercedes, obwohl er hätte auf der mittleren Spur fahren können, auf einmal auf die linke Spur gezogen, habe gebremst. In keinem Fall sei er zu dicht aufgefahren, der Abstand habe stets „nie unter 50 Metern“betragen. „Sonst hätte der Notbremsassistent meines Fahrzeugs selbstständig abgebremst“, behauptete er. Und beleidigt habe er niemanden.
Nach der Aussage des Soldaten, der am Verhandlungstag seinen 21. Geburtstag feierte, gab Richter Lenzenhuber dem Angeklagten den guten Rat, seinen Einspruch zurückzunehmen. Er müsse sonst bei einer Verurteilung mit einer höheren Strafe rechnen. Nach langem Zögern willigte der Autoverkäufer ein, dem es offenbar vor allem um seinen Führerschein ging, der im Mai beschlagnahmt worden war.
Die Sperrfrist zur Neuerteilung einer Fahrerlaubnis beginnt nämlich stets erst mit dem Tag, an dem ein Verfahren rechtskräftig wird. Im Fall des Angeklagten zählt nun der Tag, an dem der Richter den Strafbefehl unterschrieben hat. Das war im Juli. Die Sperrfrist von neun Monaten dauert also bis April 2018. Zieht ein Verkehrssünder einen Prozess über zwei Instanzen durch und wird dann trotzdem verurteilt, können aus neun Monaten Sperrfrist auch durchaus zwei Jahre Wartezeit werden. »Kommentar