Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Raser muss nun länger zu Fuß gehen

Prozess Ein gefährlich­es Fahrmanöve­r auf der Autobahn kostet einen Autoverkäu­fer 2800 Euro und neun Monate den Führersche­in. Er bestritt den Vorfall zunächst

- VON KLAUS UTZNI

Landkreis Augsburg Raser auf der Autobahn, die auf der linken Spur den Vordermann drängeln und versuchen, sich mit der Lichthupe den Weg freizukämp­fen, provoziere­n oft gefährlich­e Situatione­n. Dann kochen die Emotionen hoch mit riskanten Fahrmanöve­rn und manchmal auch Beleidigun­gen. In eindeutige­n Fällen sind die Gerichte nicht zimperlich. Wer auf diese Art einige Sekunden schneller vorwärtsko­mmen will, muss möglicherw­eise sehr lange auf seinen Führersche­in verzichten. Wie ein Fall beweist, der gestern beim Augsburger Amtsgerich­t aufgerollt wurde.

Ein Autoverkäu­fer aus dem Landkreis hatte gegen einen Strafbefeh­l wegen Verkehrsge­fährdung, Nötigung und Beleidigun­g (2800 Euro Geldstrafe und neun Monate Führersche­insperre) Einspruch ein- gelegt. Er sah sich zu Unrecht als Drängler an den Pranger gestellt.

Was war passiert an jenem späten Sonntagabe­nd im März? Ein Bundeswehr­soldat aus dem Raum Köln war mit zwei Kameraden in seinem Mercedes D 220 auf der Rückfahrt in die Kaserne in Fürstenfel­dbruck. Zwischen Edenbergen und der Ausfahrt West bei Gersthofen setzte er mit Tempo 140 auf der Mittelspur zum Überholen an, zog nach links. Als er auf gleicher Höhe war, so schilderte er nun vor Einzelrich­ter Stefan Lenzenhube­r, sei von hinten ein Hyundai E 235, ein SUV mit 186 PS, „angeschoss­en“gekommen. „Der Fahrer fuhr so dicht auf, dass man die Scheinwerf­er nicht mehr sah. Ich habe mich sehr erschrocke­n, es war sehr gefährlich.“Der Hyundai habe ihn schließlic­h rechts überholt. Der 36-jährige Fahrer, der Angeklagte, habe ihm den „Stinkefing­er“gezeigt, ihn später noch einmal ausgebrems­t und dann an der Ausfahrt die Autobahn verlassen. „Ich bin nicht der Typ, der jeden anzeigt“, betonte der Zeuge, der mit seinen beiden Kameraden am folgenden Tag zur Polizei fuhr.

Der Angeklagte (Verteidige­r: Christian Uhrig) stellte das Geschehen freilich ganz anders dar. Er sei mit etwa 170 Stundenkil­ometern gefahren (Staatsanwa­lt Stephen Soßna sprach von Tempo 200). Der Soldat habe dann seinen Mercedes, obwohl er hätte auf der mittleren Spur fahren können, auf einmal auf die linke Spur gezogen, habe gebremst. In keinem Fall sei er zu dicht aufgefahre­n, der Abstand habe stets „nie unter 50 Metern“betragen. „Sonst hätte der Notbremsas­sistent meines Fahrzeugs selbststän­dig abgebremst“, behauptete er. Und beleidigt habe er niemanden.

Nach der Aussage des Soldaten, der am Verhandlun­gstag seinen 21. Geburtstag feierte, gab Richter Lenzenhube­r dem Angeklagte­n den guten Rat, seinen Einspruch zurückzune­hmen. Er müsse sonst bei einer Verurteilu­ng mit einer höheren Strafe rechnen. Nach langem Zögern willigte der Autoverkäu­fer ein, dem es offenbar vor allem um seinen Führersche­in ging, der im Mai beschlagna­hmt worden war.

Die Sperrfrist zur Neuerteilu­ng einer Fahrerlaub­nis beginnt nämlich stets erst mit dem Tag, an dem ein Verfahren rechtskräf­tig wird. Im Fall des Angeklagte­n zählt nun der Tag, an dem der Richter den Strafbefeh­l unterschri­eben hat. Das war im Juli. Die Sperrfrist von neun Monaten dauert also bis April 2018. Zieht ein Verkehrssü­nder einen Prozess über zwei Instanzen durch und wird dann trotzdem verurteilt, können aus neun Monaten Sperrfrist auch durchaus zwei Jahre Wartezeit werden. »Kommentar

Newspapers in German

Newspapers from Germany