Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Zentimeter entscheiden über ein Leben
Justiz Auf einer Silvesterparty wird einem 28-Jährigen mit einem speziellen Messer in die Brust gestochen, das besonders schwere Verletzungen hervorrufen kann. Eine Blutprobe des Angeklagten bringt erstaunliche Ergebnisse
Die Silvesterparty entwickelte sich für ihn zum Albtraum. Mit einem Cousin und zwei Frauen hatte der 28-Jährige in der Kongresshalle unter Hunderten anderer Partygäste die Nacht durchgefeiert. „Get Happy 2017“hatten die Veranstalter als Motto ausgegeben. Für den Mann hätte die Nacht tödlich enden können. „Zwei bis drei Zentimeter“entschieden in jener Nacht über sein Leben. „Dann wäre es aus gewesen“, berichtete der 28-Jährige gestern als Zeuge vor dem Landgericht.
Der Augsburger hatte gegen 5.30 Uhr mit seinen Begleitern vor der Kongresshalle auf ein Taxi gewar- Dabei wurden sie Zeuge, wie sich ganz in ihrer Nähe Partybesucher stritten. „Ich wollte schlichten“, sagte der Zeuge, der unter den Streitenden einen Bekannten sah. „Komm her, traue Dich“, habe der Täter auf seine Frage gesagt, ob es ein Problem gebe. Dann sei es schon passiert. Ohne Vorwarnung habe der Täter „mit einem Gegenstand“zugestochen. Wie sich später herausstellte: ein Butterflymesser. Umstehende überwältigten den Angreifer schließlich. Auf der Anklagebank sitzt ein 27 Jahre alter Mann aus Friedberg. Der Angeklagte (Verteidiger: Werner Ruisinger und Stephan Eichhorn) verweigerte zum Prozessauftakt die Aussage. Der 27-Jährige ist wegen versuchten Mordes angeklagt. Die Ermittler sehen in dem Tatwerkzeug eine besonders gefährliche Waffe. An der Messerspitze ist ein Widerhaken, der dem Opfer beim Eindringen in den Körper besonders schwere Verletzungen zufügen kann. Der Notarzt hatte noch am Tatort dem 28-Jährigen das Messer aus der Brust gezogen. An der Lunge lebensgefährlich vertet. letzt wurde er ins Augsburger Klinikum eingeliefert. Er sei körperlich inzwischen wieder völlig hergestellt, berichtete der großgewachsene Zeuge, der einen sportlich durchtrainierten Eindruck macht. Er habe jedoch monatelang psychische Probleme gehabt. „Ich traute mich nicht mehr alleine raus.“
Mehrere von der Polizei befragte Augenzeugen haben die Ereignisse vor der Kongresshalle allerdings etwas anders gesehen. Demnach ging dem Messerstich eine Schlägerei voraus. Der Angeklagte und sein Freund sollen von vier jungen Leuten attackiert worden sein. Beide Gruppen sollen sich lautstark mit Beleidigungen provoziert haben. Der Angeklagte hat sich demnach schützend vor seinen Freund gestellt, als dieser einen Fußtritt ins Gesicht bekam.
Die Situation war hitzig aufgeladen, als sich der 28-Jährige dann einmischte. Eben um zu schlichten, wie der Zeuge aussagte. Eine Blutprobe des festgenommenen Angeklagten ergab, dass dieser vor der Tat nicht nur reichlich Alkohol getrunken hatte. Er stand darüber hinaus auch noch unter den Einwirkungen diverser illegaler Drogen – nämlich Cannabis, Amphetaminen, Ecstasy und Kokain.
Die Achte Strafkammer hat für den Prozess sechs Verhandlungstage angesetzt.