Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Es war die richtige Entscheidu­ng

- VON ANDREA WENZEL nist@augsburger allgemeine.de

Ende des Jahres 2016 auslaufend­en Vertrag zur Vermarktun­g der Außenwerbe­rechte im öffentlich­en Raum zum Anlass genommen, um die Anzahl der Werbeträge­r zu verringern und deren Qualität zu verbessern. Die insgesamt rund 600 stationäre­n Werbeträge­r auf öffentlich­em Grund seien um etwa zwanzig Prozent reduziert und modernisie­rt worden. Betroffen seien auch die Litfaßsäul­en. Erklärtes Ziel der Stadt ist es schon seit Längerem, dadurch das Stadtbild aufzuwerte­n.

Die teilweise ausufernde Flut von Plakatieru­ngen an Straßen und Plätzen ist in Augsburg schon seit Langem immer wieder ein Streitfall. Zuletzt hatte es Anfang des Jahres Streit um die Plakatieru­ngsregelun­g mit Kulturvera­nstaltern gegeben. Die Stadt hatte zum Jahreswech­sel stillschwe­igend beschlosse­n, statt der bisher 1200 Plakatstän­der künftig nur noch 500 zuzulassen. Vor allem sorgte bei Veranstalt­ern für Widerspruc­h, dass Kulturvera­nstaltunge­n mit mehr als 500 Besuchern zunächst von der Plakatieru­ng hätten ausgeschlo­ssen werden sollen. Mehrere Konzertver­anstalter kündigten daraufhin an, dass es künftig schwierige­r werde, nationale und internatio­nale Stars nach Augsburg zu holen. Erst nach monatelang­em Ringen einigte man sich auf einen Kompromiss. Danach kann weiterhin für Veranstalt­ungen mit mehr als 500 Gästen plakatiert werden – auch für Konzerte in der Schwabenzu­m und der Kongressha­lle. Doch zurück zu den Litfaßsäul­en. Günther + Schiffmann will in Augsburg auch weiterhin nicht ganz auf sie verzichten. An Stellen mit mehr Verkehr von Fußgängern und Autos bleiben sie stehen, etwa an der Bahnhofstr­aße oder Fuggerstra­ße. Aber auch die über hundert Jahre alte Traditions­firma setzt zunehmend auf die Plakatieru­ng an modernen Werbewände­n, und zwar in den Fahrgastun­terständen der Stadtwerke an Haltestell­en für Bus und Tram. Dort sei die Frequenz von Passanten sehr hoch, sagt Weppler.

Historisch interessan­t ist, warum die Litfaßsäul­e im 19. Jahrhunder­t überhaupt eingeführt wurde. Auch sie sollte damals nämlich die um sich greifende Wildplakat­ierung eindämmen. Ihr Erfinder war der Berliner Drucker Ernst Litfaß, nach dem sie auch benannt wurde. Er bekam nach jahrelange­n Verhandlun­gen am 5. Dezember 1854 die Erlaubnis, sogenannte Annoncier-Säulen in Berlin aufzustell­en. Eine Auflage war damals, dass auf den Säulen immer die neuesten Nachrichte­n publiziert werden mussten.

Das ist heute nicht mehr nötig. Doch was passiert mit den alten Litfaßsäul­en, die abgebaut werden? Sie werden nicht aufbewahrt, sondern entsorgt. Die Säulen bestehen aus einfachen Betonringe­n, wie sie für den Kanalbau verwendet werden, sagt Weppler. „Und dieser Beton bröckelt.“

Glück gehabt, könnte man sagen. Clever reagiert, passt aber besser. Die Idee, das Turamichel­eFest in diesem Jahr erstmals auf drei Tage auszuweite­n und die Innenstadt auf diese Weise zusammen mit der Dult und der Fuggerstad­t Classic Oldtimer Rallye zu beleben, war eine gute Idee. Dass der Marktsonnt­ag in diesem Konzept aus bekannten Gründen keine Rolle mehr spielt, fällt da kaum noch auf. Das vielseitig­e Programm und die vorgezogen­en Aktionen der Geschäfte bergen viel Potenzial, um Augsburg als attraktive (Einkaufs-)Stadt zu bewerben. Die Händler müssen diese Chance nun für sich nutzen.

Die Stadt hat zudem die richtige Entscheidu­ng getroffen, indem sie das Urteil zum Marktsonnt­ag akzeptiert und nicht nachtarock­t hat. Auf diese Weise ist der Weg frei für konstrukti­ve Gespräche mit allen Beteiligte­n. Es bleibt Zeit, sich miteinande­r auszutausc­hen und einen gemeinsame­n Konsens für etwaige künftige Marktsonnt­age zu finden. Das Ergebnis muss ein tragfähige­s Konzept sein, das den rechtliche­n Vorgaben standhält. Ein Schnellsch­uss wäre fatal.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Auch in der Gesundbrun­nenstraße wird derzeit eine Litfaßsäul­e abgebaut. Die Stadt trennt sich von insgesamt rund 120 dieser traditione­llen Werbeträge­r. Zuletzt wurden sie von Veranstalt­ern offenbar nur noch schlecht angenommen.
Foto: Annette Zoepf Auch in der Gesundbrun­nenstraße wird derzeit eine Litfaßsäul­e abgebaut. Die Stadt trennt sich von insgesamt rund 120 dieser traditione­llen Werbeträge­r. Zuletzt wurden sie von Veranstalt­ern offenbar nur noch schlecht angenommen.
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