Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Gefahr und das Rettende
Am Ende einer wieder mal wirren Woche, in der Trump die Drohung der „totalen Vernichtung“auf die politische Weltbühne zurückbrachte, bleibt uns wohl immerhin, was auch zu ihrem Beginn schon galt. Da meldeten nämlich die Radionachrichten im Kurzüberblick: „Zukunft noch offen“.
Gemünzt war das auf die zu Ende gegangene Kunstschau Documenta in Kassel. Die hatte politisch hoch kritisch tönend begonnen, war dafür vor allem von Politikern auch sehr gelobt worden, bis einer ihrer Vordenker die Flüchtlingskrise mit dem Holocaust verglich („Auschwitz on the Beach“). Nun ist die engagierte Superschau mit einem gepfefferten Defizit zu Ende gegangen, offenbar weil die Macher ihr Wirken über Deutschland hinaus auf Griechenland ausgedehnt hatten. Und das – die Politik kann ein Lied davon singen – kommt teuer und zur Grenzfrage. Aber eben immerhin: „Zukunft noch offen“– das heißt ja bloß, dass Art und Umfang der Documenta ungewiss sind. Die Schau wird weitergehen.
Und genauso wird wohl – in praktisch allen Einzelerscheinungen übertragbar – ein wesentliches Ergebnis dieses Wahlwochenendes lauten. Mit hehren Zielen gestartet, dafür wohlfeiles Lob geerntet, aber den Ideologen damit die Bühne bereitet; letztlich in herbes Minus geraten, aber immerhin ein nur relatives Scheitern, denn: „Zukunft noch offen“. Darin steckt in ultimativer Verknappung ja die Verheißung („offen“) und die Drohung („noch“). Frei nach Hölderlins: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch!“Wenn aber die Gefahr dank Trumps Drohung total wird, dann müsste ja auch die Rettung total sein. Frei nach Heidegger: „Nur ein Gott kann uns noch retten.“Ob der Drohende das nicht am liebsten selbst auch gleich noch mit wäre? Für hier und den Moment kann immerhin gelten: Text zu Ende – Zukunft noch offen.