Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Besuch der alten Damen
Zoo Augsburg Targa ist einer der ältesten in Gefangenschaft lebenden Elefanten. Auch Tiere entwickeln mit dem Alter ihre Zipperlein. Wie sich die Pfleger darauf einstellen
Augsburg Burma, eine der zwei Elefantenkühe im Augsburger Zoo, stupst ihren Tierpfleger Gary wiederholt mit dem Rüssel an. Sie will seine Aufmerksamkeit. „Es gefällt ihr nicht, wenn ich mit Frauen spreche“, sagt Gary und zwinkert. Erst, wenn er sich wieder Burma zuwendet, ist sie zufrieden und lässt sich von ihm den Rüssel tätscheln und mit Bananen füttern.
Seit 2014 betreut der Brite unter anderem die zwei Elefanten im Augsburger Zoo. Und neben seinem normalen Job als Tierpfleger ist er auch ein bisschen Altenpfleger für Burma und Targa. Denn vor allem Targa ist mit ihren geschätzten 62 bis 63 Jahren einer der ältesten Elefanten in Deutschland. „Karlsruhe und Augsburg streiten sich darum, wer tatsächlich das ältere Tier hat“, erzählt Gary, während er abwechselnd beide mit Bananen füttert. Genau nachweisen lässt sich das Geburtsjahr bei Elefanten in diesem Alter nicht mehr. Die Elefanten, die vor vielen Jahrzehnten in Zoos gebracht wurden, waren alle Wildfänge, die aus ihren Herden in Asien oder Afrika gekidnappt und an Zoos und Zirkusse verkauft wurden.
Burma wiederum, der deutlich größere der zwei Elefanten, ist 1969 geboren. Sie verbrachte ihre ersten Jahre beim Zirkus Knie. Da sie aber zu sensibel für die vielen Transporte im Zirkusgeschäft war, wurde sie an den Zoo abgegeben. Hier lebt sie nun schon seit 30 Jahren mit Targa zusammen, statt in der Manege bewegt sie sich in ihrem Gehege. Auf 1300 Quadratmetern haben die zwei ihren dick mit Stroh und Sägespäne gepolsterten Stall und den teilweise asphaltierten Außenbereich, wo sie frei herumlaufen können.
Es ist ein bisschen wie betreutes Wohnen: Mehrmals täglich sehen die Tierpfleger nach den Elefanten, bringen ihnen zu Essen und kontrollieren Zähne und Füße, misten den Stall aus und streuen frisch ein. „Ich merke sofort, wenn etwas nicht stimmt“, sagt Gary. „Genauso, wie jeder Hundebesitzer es merkt, wenn mit seinem Tier etwas nicht stimmt.“ Erst vor ein paar Wochen hatte Targa ein geschwollenes Bein. Es sei die Arthritis gewesen, sagt Gary. „Es ist wie bei den Menschen.“
Den Vergleich mit den Menschen bringt er oft: Denn wie bei Senioren bekommen auch Elefanten irgendwann Zahnprobleme und können nicht mehr so gut kauen. Das kann sich wiederum auf die Verdauung auswirken, weshalb Gary und seine Kollegen gerade bei den Alten immer den Appetit der Tiere kontrollieren und darauf achten, dass sie sich auch regelmäßig erleichtern. Zehn Tage lang hatte Targa vor wenigen Monaten keinen Bissen angerührt. Sie hatte eine Verstopfung, die sie das Leben hätte kosten können. Nicht nur ihre Pfleger, auch Zoodirektorin Dr. Barbara Jantschke sorgten sich ernsthaft um die Elefantenkuh. Unter an- derem, weil in den kommenden zwei Jahren ein neues Elefantengehege gebaut wird. Auf über 6000 Quadratmetern können sich die Dickhäuter dann bewegen. Es ist ein Millionenprojekt, das dem Zoo eine weitere Elefantengruppe und mehr Besucher bringen soll. Alle hoffen, dass Targa das noch erlebt.
Heute sind die zwei eher träge. Kauen gemächlich auf Mais-Stängeln und dicken Ästen herum, dösen oder beobachten Gary. Wenn Elefanten ausreichend Essen und Wasser vor sich hätten, legten sie am Tag eine Strecke von weniger als einem halben Kilometer zurück, erzählt der Pfleger. In der freien Wildbahn verschwende kein Tier unnötig Energie. Aber da Elefanten sehr intelligente Tiere sind, werde ihnen auch schnell langweilig. „Deshalb bauen wir das Gehege ständig um“, sagt er. Mit Autoreifen, Baumstämmen und Fässern bastelt er mit seinen Kollegen immer neue Attraktionen für die beiden Elefantenkühe. Er zieht sein Handy aus der Hosentasche und sucht nach einem Video. Während Burma und Targa gelassen in ihrem Gehege stehen, spielen sie auf den Handydisplays mit einem Mobile aus schweren Eisenketten und Baumstämmen. Sie tröten, schlagen mit ihren starken Rüsseln gegen ihr Spielzeug
Alte Tiere haben die gleichen Probleme wie Senioren
Elefanten sind so schlau wie ein achtjähriges Kind
und laufen flott durch ihr Gehege.
Wissenschaftler behaupten, Elefanten besäßen die Intelligenz eines achtjährigen Kindes – trotz ihrer Wehwehchen und der vielen Jahre auf ihren großen Rücken, wirken Targa und Burma auf den Videos, aufgenommen vor wenigen Tagen, wie verspielte Kinder.
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Spenden Wer den Bau des neuen Ele fantenhauses unterstützen möchte, kann dies unter: elefant.zoo augsburg.de