Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wiener Blut und Walzerklänge
Johann Strauß Gala Der Abend in Gersthofen mit dem Sinfonieorchester Prag fällt aber wenig opulent aus
Gersthofen Mit Wein, Walzer und Gesang – das Gala-Sinfonieorchester Prag hat in der Gersthofer Stadthalle einen glanzvolle Konzertabend im Zeichen von Johann Strauß arrangiert und im stimmungsvollen Ambiente die schönsten Melodien des ungeschlagenen Walzerkönigs auf die Bühne gezaubert.
Mit ergreifenden Operettenarien, temperamentvollen Polkas und all seinen unvergessenen Meisterkompositionen im Dreivierteltakt schuf das renommierte Ensemble ein dekoratives Klanggemälde, das die zahlreich erschienenen Gäste zum gemütlichen Entspannen und Genießen aufforderte.
Bereits der Beginn der gehobenen Konzertreise war einer der berühmtesten Kompositionen der Klassikgeschichte gewidmet: Noch einmal kurz die Saiten gestimmt und schon begannen die laminaren Wogen der „schönen blauen Donau“auf den zarten Schwingen der Violinenstriche durch den Saal zu schweben. In einer kurzweiligen Melange aus Walzern, Polkas und Mazurken nahm das Ensemble die Besucher schließlich mit auf eine nostalgische Kutschfahrt durch das alte Kaiserreich, wobei auch so mancher Vorfahre und Zeitgenosse des Wiener Romantikers Gehör finden durfte.
Fröhlich breitete die „Fledermaus“ihre musikalischen Schwingen aus, in ungehemmter Verspieltheit entfaltete sich die ausgelassene „Nacht in Venedig“, dramatisch und ausdrucksvoll ergoss sich das ungewöhnliche Orchesterstück „Unter Donner und Blitz“über die Zuschauerreihen.
Dass mittendrin dann Moderatorin Ursula Meistner unverhofft den Zitherklassiker „Der dritte Mann“von Anton Karas auf ihrem majestätischen Saiteninstrument zum Besten gab, gestand man der Truppe freilich gerne zu. Die Höhepunkte der klassischen Gala waren aber wohl unbestritten in den goldenen Stimmen der internationalen Solisten zu sehen. So gelang es Sopranistin Ginger McFerrin wunderschön, den unheilvollen Charakter einer komplexen Arie aus dem Zigeunerbaron in den Saal zu transportieren, während Sopranistin Anna Klamo und Tenor Mila Wilden im kraftvollen Duett das „Wiener Blut“in Wallung brachten.
Doch auch für die visuellen Streicheleinheiten wurde an diesem Abend reichlich gesorgt, da eine Vielzahl der Kompositionen von den Mitwirkenden des JohannStrauß-Balletts untermalt wurde, was sogleich eine feierliche Ballsaalatmosphäre aus der alten Kaiserzeit heraufbeschwor. In originalgetreuen Gewändern aus der Donaumonarchie präsentierten die Tänzerinnen etwa die rasante TritschTratsch-Polka.
Eine Handvoll Streicher reichen für echtes Kaisergefühl nicht aus
Doch so liebevoll inszeniert und wohlklingend diese vielgestaltige Hommage an den legendären Walzerkönig insgesamt auch gewesen war – letztendlich hatte dennoch etwas gefehlt: Die nicht nur sprichwörtlich gemeinten Pauken und Trompeten, die dem Ganzen eine sehr viel dichtere Klanggewalt verliehen hätten.
Das Komplettwerk von Johann Strauß einzig und allein mit einer überschaubaren Handvoll Streicher in Szene zu setzen, reichte zumindest für die pathetische Wirkung seiner oftmals sehr opulenten Stücke schlichtweg nicht immer aus. Ein prachtvoller Kaiserwalzer, ohne dass unheilvolle Bläserfanfaren den explosiven Höhepunkt einläuten oder ein sich immer stürmischer entwickelnder Donauwalzer, der am Ende nicht mittels Pauken und Beckenschlägen seine spannungsgeladene Energie in einem fulminanten Feuerwerk entladen kann, vermag es einfach nicht, ein echtes JohannStrauß-Gänsehautgefühl zu erzeugen. Ein wenig schade, da eigentlich alles andere wirklich sehr schön in Szene gesetzt wurde.