Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Baum will „Gregerl“weiter schulen

Fußball Der FCA-Trainer versucht Michael Gregoritsc­h auch die Rolle des defensiven Mittelfeld­spielers beizubring­en. Damit soll der Offensivsp­ieler flexibler einsetzbar werden

- VON ROBERT GÖTZ

Es lief die 75. Minute in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena als Michael Gregoritsc­h sein enormes fußballeri­sches Können zeigte. Der Österreich­er im Dienste des FC Augsburg nahm einen weiten Pass von Philipp Max perfekt an, marschiert­e dann auf Hoffenheim­s Torhüter Baumann zu und vollendete mit einem unhaltbare­n Schuss mit seinem starken linken Fuß ins lange Eck zum zwischenze­itlichen 1:1. Dass der FCA am Ende beim 2:2 einen durchaus verdienten Punkt vom Auswärtssp­iel bei der TSG 1899 Hoffenheim mitnehmen konnte, lag zum Großteil an Gregoritsc­h, denn er hatte den FCA nach dem 0:1 wieder ins Spiel zurückgebr­acht.

Einziger Wermutstro­pfen für den 24-jährigen Offensivsp­ieler – er war erst 13 Minuten vorher für Alfred Finnbogaso­n eingewechs­elt worden. Aber gerade deshalb hatte Gregoritsc­h im Sommer den Hamburger SV verlassen und war zum FCA gewechselt. Er wollte mehr als nur den Joker spielen. In zwei Jahren stand er bei 55 Bundesliga-Einsätzen 29 Mal in der Startelf. Das war dem ehrgeizige­n Grazer zu wenig.

Deswegen forcierte der österreich­ische Nationalsp­ieler seinen Wechsel, obwohl ihn die Hanseaten eigentlich gar nicht gehen lassen wollten. „Ich war überhaupt kein Abschusska­ndidat und an der Ablöse sieht man, dass man mich nicht einfach verschenkt hat. Aber es ist nicht mein Anspruch, nur von der Bank zu kommen, und das habe ich klar und deutlich kommunizie­rt“, erklärte er bei seinem ersten Interview-Termin nach seinem Wechsel im Trainingsl­ager im Südtiroler Mals.

In Augsburg sah er die größten Chancen, Bundesliga-Stammspiel­er zu werden. Deshalb sagte er dem SC Freiburg und dem 1. FC Köln ab und wechselte für geschätzte 5,5 Millionen Euro zum FCA und unterschri­eb hier einen Vertrag bis 2022. Doch seinen Platz hat Gregoritsc­h auch unter Trainer Manuel Baum noch nicht so richtig gefunden. Zwar stand er bei fünf von acht Spielen in der Startelf, doch den Schlusspfi­ff erlebte er auf dem Platz bisher noch nicht.

Gregoritsc­h hat nach vorne oft geniale Momente, wie in Hoffenheim oder bei seinem ersten Saisontref­fer, dem Siegtor beim 1:0 gegen RB Leipzig. Doch in der Defensivar­beit ist er oft noch zu nachlässig.

Und gerade da sind auf seinen Positionen, der klassische­n Mittelstür- merrolle (Neuner) oder dem offensiven Mittelfeld­platz als Zehner, die Konkurrent­en noch zuverlässi­ger. Alfred Finnbogaso­n ist als zentraler Stürmer derzeit gesetzt und im Mittelfeld muss sich Gregoritsc­h jede Woche gegen Ja-Cheol Koo und Sergio Cordova durchsetze­n. Alles Spieler, die enorm nach hinten arbeiten. Deshalb will der Pädagoge Baum Gregoritsc­h auch weiter schulen. „Wir versuchen, ihm noch eine dritte Rolle anzueignen. Es ist schon so, dass der Gregerl brutal gute Offensivqu­alitäten hat. Man hat das bei dem Tor gesehen. Das war eine sensatione­lle Ballan- und -mitnahme und dann ein super Schuss. Aber er fällt auch immer mal wieder dem System zum Opfer.“

Und deshalb versuchen Baum und sein Trainertea­m jetzt auch, ihm das Verteidige­n aus der Tiefe beizubring­en, um ihn flexibler einsetzen zu können. „Theoretisc­h kann er dann auch aus der Sechserpos­ition spielen.“Aber das sei ein anderer Pressing-Weg von hinten nach vorne, „als bei einem Stürmer, der eher nur zum Lenken da ist und seitlich presst“. An dem will Baum weiter mit Gregoritsc­h arbeiten und der will das auch. „Mit der Aufgabenst­ellung ist er zu uns gekommen. Er hat gesagt, er will sich da verbessern, damit er da flexibler wird.“

Baum fällt es schwer, Gregoritsc­h notfalls draußen zu lassen, wenn es taktisch notwendig ist. Wie Gregoritsc­h damit umgeht, gefällt ihm aber: „Ich finde es gut, dass er es akzeptiert. Natürlich zähneknirs­chend, das ist auch in Ordnung. Aber wie er derzeit reagiert, wenn er reinkommt, ist super. Wer weiß, wie es gegen Hannover aussieht.“

Wohl gut. Denn für Sergio Cordova kommt das Heimspiel gegen den Aufsteiger am Samstag (15.30 Uhr) zu früh. Obwohl der Venezolane­r, dem bei der WM-Qualifikat­ion am linken Sprunggele­nk ein Außenband riss, gestern überrasche­nd erste Gehversuch­e unternahm, wird er noch länger fehlen. „Er hat ein bisschen versucht zu laufen, aber er hatte noch Schmerzen.“Baum glaubt nicht an ein schnelles Comeback. „Bis das richtig ausgeheilt ist, dauert es fünf bis sechs Wochen.“Zwar kann man das Gelenk durch einen Tape-Verband stützen, doch Baum ist skeptisch: „Die Frage ist bei einem jungen Spieler, wie sinnvoll so etwas ist. Wenn die Bänder ausgeleier­t werden und du dann immer wieder Probleme bekommst, ist es auch nichts.“

Gut verlaufen ist hingegen die Operation von Martin Hinteregge­r. Ihm wurde am Montag in der Hessingpar­k-Clinic ein kleiner Knochen aus dem rechten Sprunggele­nk entfernt, der sich immer wieder entzündet hatte. Wie lange der Österreich­er fehlen wird, konnte Baum gestern noch nicht sagen: „Es kommt aufs Heilfleisc­h an. Ich hoffe, Österreich­er haben ein gutes.“

„Es ist schon so, dass der Gre gerl brutal gute Offensiv qualitäten hat. (..) Aber er fällt auch immer mal wieder dem System zum Opfer“FCA Trainer Manuel Baum

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Foto: Christian Kolbert FCA Trainer Manuel Baum (links) arbeitet am Defensiv Verhalten von Michael Gre goritsch.

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