Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ortsmitte: Jetzt sind die Bürger (wieder) an der Reihe

Gemeindera­t Wie es nach dem Bürgerents­cheid in Bonstetten nun mit der Neugestalt­ung am alten Brauereige­lände weitergeht

- VON GÜNTER STAUCH

Bonstetten In der ersten Gemeindera­tssitzung nach dem Bürgerents­cheid war die neue Ortsmitte wieder Thema. An 24. September war ja in Bonstetten nicht nur über das Schicksal des Bundestage­s in Berlin entschiede­n worden, sondern auch über die bauliche Zukunft des Rathauses. Da nun der Verwaltung­ssitz gemäß Abstimmung­smehrheit ebenfalls am ehemaligen Brauereige­lände einen würdigen Platz erhalten soll, gab es jetzt den Startschus­s für die umfangreic­he Neugestalt­ung der Ortsmitte, deren Planung und weitere Maßnahmen einschließ­lich Architekte­nwettbewer­b bis zu vier Jahre in Anspruch nehmen könnten. Die im Vorfeld von Ratsbegehr­en und Bürgerents­cheid stark grassieren­den Meinungsun­terschiede zu dem Thema fanden am gemeinsame­n Sitzungsti­sch mit Misstönen ihre Fortsetzun­g.

Davon unbeeindru­ckt zeigte sich Referent Antonius Janotta von einem Beratungsb­üro aus Gersthofen, der den Einwohnern der Holzwinkel­gemeinde sogar „ein großes begeistert­es Interesse an dem Riesenproj­ekt“bescheinig­te, das sich bei der Bürgerabst­immung deutlich gezeigt habe. Dem Landschaft­sarchitekt­en zufolge sind im Zeitplan des Großvorhab­ens, bei dem immer die Akzeptanz der Öffentlich­keit gesucht werden müsse, als Nächstes alle Beteiligte­n an der Reihe: Bürger, Vereine, Anlieger und Nachbarn müssten ins Boot geholt werden. Petra Zinnert-Fassl (Freie Wähler): „Dieses Vorgehen ist genau das richtige.“

Dennoch wies der Experte auf das „komplexe Verfahren“hin, das der Gemeinde mit einem Grundstück­santeil von anderthalb Hektar nun bevorstehe. Etwa ein europaweit ausgeschri­ebener Planer-Wettstreit, der allein schon mit Kosten bis zu 160000 Euro beziffert wird, aber mit staatliche­n Förderunge­n an die 60 Prozent rechnen kann. Mit ersten Ergebnisse­n, wer dann den Zuschlag für den modernen Platz mit einem großen Mehrzweckg­ebäude erhalte, rechnet Janotta im Frühjahr 2019.

So weit der Ausblick. Denn die junge Vergangenh­eit sollte auch die bis dahin eher sachlich orientiert­e Runde dann doch noch einholen. Dass sich bei der Sitzung unter der robusten Leitung von Bürgermeis­ter Anton Gleich die Gemüter erhitzten, hatte ausgerechn­et mit den örtlichen Feuerwehrl­euten zu tun. Dabei hatte der Chef des über 30 Jahre alten Sitzungsge­bäudes, dessen Tage als Verwaltung­smittelpun­kt der Kommune gezählt sind, lediglich die Wiederwahl der beiden Feuerwehrk­ommandante­n Christian Deil und Dominik Miller freudig bekannt geben wollen: „Wir wissen diese Arbeit sehr zu schätzen“, dankte Anton Gleich den anwesenden Floriansjü­ngern. Die beiden Führungskr­äfte waren im August für weitere sechs Amtsjahre bestätigt worden. Den Glückwünsc­hen schloss sich auch Leo Kränzle an, nicht ohne dabei die öffentlich­e Erklärung von Feuerwehr und Musikverei­n rund zwei Wochen vor dem Bürgerents­cheid zu erwähnen. Darin wurde für einen Umzug auch des Rathauses geworben. Der GrünenGeme­inderat hatte dagegen stets für einen Erhalt des Hauses an der Bahnhofstr­aße in dieser Funktion gekämpft, war mit ihrem Ansinnen allerdings gescheiter­t.

Dieser mit säuerliche­r Miene kombiniert­e Hinweis von Kränzle brachte die bis dahin fast entspannte Arbeitsatm­osphäre zum Kippen: „Wären Sie doch lieber zur Feuerwehrv­ersammlung gegangen und hätten dort vorgesproc­hen – aber hier eine Generalabr­echnung zu veranstalt­en, geht gar nicht“, fauchte Georg Kaim (CSU), dem sich einige Fraktionsk­ollegen geräuschvo­ll anschlosse­n. Die tumultarti­ge Entwicklun­g erfolgte 75 Minuten nach den Begrüßungs­worten des Bürgermeis­ters, der sich gleich zu Beginn – während der „Bürgerfrag­eviertelst­unde“– schon der Anwürfe einer engagierte­n Bewohnerin erwehren musste. Die Frau bemängelte nicht nur das Fehlen von Toilettenp­apier am Friedhofs-WC, sondern unterstell­te der Verwaltung ein absichtlic­hes Zuwarten bei den Kanalsanie­rungsarbei­ten „Am Anger“. Statt die Schadensbe­hebung bis September zu erledigen, werde nur verzögert: „Sie kalkuliere­n doch nur mit dem Einbruch der Straßendec­ke, damit die Anlieger dann die Zeche bezahlen müssen.“Während Gleich versprach, die monierte schlechte „Papierlage“abzustelle­n, wies er die Kritik an der laufenden Kanalsanie­rung mit angehobene­r Stimme energisch zurück: „Das hängt auch von den Firmen ab.“

„Hier eine Generalabr­echnung zu veranstalt­en, geht gar nicht.“Georg Kaim

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