Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie Gersthofen 300 Sozialwohnungen schaffen will
Wohnungsmarkt Die finanzkräftigste Stadt im Landkreis will auf eigene Regie handeln
Gersthofen Gersthofen geht es gut. Die Wirtschaft floriert und viele gut situierte Neubürger bringen Geld in die Stadt. Für die finanziell schlechter gestellten Gersthofer sieht es in Zeiten steigender Mietpreise und im Verdrängungswettbewerb mit den Wohnungssuchenden aus der Münchner Region allerdings finster aus. Mindestens 300 Wohnungen möchte die Stadt ihren Bürgern mit geringem Einkommen anbieten können, aktuell sind es aber gerade einmal rund 80 Einheiten. Abhilfe sollte die Gründung einer eigenen Wohnbaugesellschaft bringen, doch das ist nicht die beste Lösung, stellte der Finanzchef der Stadt Manfred Eding dem Finanzausschuss in jüngster Sitzung die Alternative vor. Die Teilnahme am Kommunalen Wohnraumförderungsprogramm (KommWFP) des Freistaates Bayern verspricht satte Förderung. Bis 2019 werden in dem 2016 gestarteten Programm insgesamt 600 Millionen Euro bereitgestellt. Jährlich sollen so 1500 Mietwohnungen pro Jahr entstehen. Die zuwendungsfähigen Gesamtkosten werden zu 30 Prozent aus der Staatskasse bezahlt, für weitere 60 Prozent gibt es ein zinsverbilligtes Darlehen. Einen Zuschuss von 60 Prozent gibt es für die Planungskosten. Und das Schönste an der Sache: der Topf ist noch fast voll, weil die Beantragung ihre Tücken hat.
„Das Zuschussrecht passt nicht zum Vergaberecht“, erklärte Eding die komplizierte Konstellation. Mit eigener Juristin sei man bei der Regierung von Schwaben vorstellig geworden und habe sich mit Spezialisten beider Fachrichtungen besprochen und abgestimmt. Viele Einzelheiten seien zu berücksichtigen, doch wenn alles richtig gemacht wird, dann klappt das auch mit den Fördergeldern, zeigte sich Eding zuversichtlich.
Rund 100 Wohnungen könnten so auf stadteigenen Grundstücken entstehen. Mit einem zusätzlichen eigenen Architekten, der sich nur darum kümmert, kann gegenüber einer Vergabe der Planung und Durchführung an ein externes Büro bares Geld gespart werden. Die eigenen Grundstücke werden allerdings nicht ausreichen, um das gewünschte Ziel von 300 Sozialwohnungen zu erreichen. Es müssen weitere Gebäude auf fremden Grundstücken gebaut oder Wohnungen gekauft werden. Das Zauberwort für den rechtlich einwandfreien Erwerb solcher Immobilien heißt „Funktionalausschreibung“.
Damit wird ein in dieser speziellen Ausschreibungsform erfahrenes Architekturbüro beauftragt, die Architektenleistungen werden bei Kosten von über 10 000 Euro über das KommWFP zu 60 Prozent gefördert. Alle Details seien mit der Regierung von Schwaben besprochen, so Eding. Der Finanzausschuss beschloss die beschriebene Vorgehensweise einstimmig und empfahl dem Personalausschuss eine zusätzliche, vorerst befristete Planstelle für einen Architekten zu schaffen. Künftig sollen sich die Mitarbeiter des Bauamts von Zusatzaufgaben befreit auf das Bauen konzentrieren können. Mit der Unterstützung eines zusätzlichen Architekten möchte die Stadt in Eigenregie schnellstmöglich das Planziel von 300 Sozialwohnungen erreichen. Die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft ist damit erst einmal auf Eis gelegt, denn „Die Stadt kann besser und schneller Wohnraum schaffen als eine Wohnungsbaugesellschaft“, ist Bürgermeister Michael Wörle überzeugt.