Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Überfall mit Campingstuhl
Justiz Ein Krankenpfleger sah einen Mann, der vermeintlich Hilfe benötigte. Doch dahinter steckte ein krimineller Plan
Auf dem Seitzsteg über die Wertach, zwischen Plärrer und der Schöpplerstraße, ist es nachts ziemlich duster. Der ideale Ort für kriminelle Aktivitäten. Dachten sich offenbar zwei syrische Flüchtlinge und lauerten im Juni spätnachts einem Krankenpfleger, 23, auf, der auf dem Heimweg war.
Doch der Überfall, bei dem das Opfer mit einem Campingstuhl malträtiert wurde, schlug fehl. Was die beiden Männer, 19 und 21 Jahre alt, nicht vor einer Gefängnisstrafe be- wahrte. Die beiden Männer hatten offenbar auf ein Zufallsopfer gewartet, bewaffnet mit einem Campingstuhl, der in den nahe gelegenen Anlagen herumgestanden hatte.
Der Krankenpfleger, der über den Seitzsteg ging, glaubte, einem der beiden ihm unbekannten Männer ginge es nicht gut. „Brauchst Du Hilfe?“, fragte er. Da reichte ihm der 19-jährige Syrer die Hand, sagte „Bruder“zu ihm. In diesem Augenblick schlug der andere Mann hinterrücks mit dem Campingstuhl auf das Opfer ein und forderte „Geld, Geld, Geld“. Der Passant, zum Glück nur leicht verletzt, konnte flüchten, die beiden Männer wurden später festgenommen.
Weil bei der Attacke eine Waffe im juristischen Sinne, nämlich der Campingstuhl, im Einsatz war, sahen sich die beiden Syrer nun einem gewichtigen Vorwurf ausgesetzt: versuchte, besonders schwere räuberische Erpressung – ein Tatbestand, der bei erwachsenen Tätern eine Mindeststrafe von fünf Jahren vorsieht. Beide mussten sich aber, weil sie zur Tatzeit heranwachsend und noch nicht 21 Jahre alt waren, vor einem Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Günther Baumann verantworten.
Sie gaben ganz andere Versionen des Geschehens zu Protokoll. Der ältere Angeklagte (Verteidiger: Marco Müller) behauptete, er habe den Passanten nur um eine Zigarette gebeten, der habe ihm dann homosexuelle Avancen gemacht. Vom Zuschlagen mit dem Stuhl und einer Geldforderung wisse er nichts. Der 19-Jährige (Verteidiger: Moritz Bode) sagte, er sei dem Opfer sogar noch zu Hilfe gekommen und habe einen Schlag mit dem Stuhl abgewehrt. Das Gericht schenkte beiden Angeklagten keinen Glauben. Es folgte vielmehr dem Plädoyer von Staatsanwältin Julia Ehlert, die den Tatvorwurf bestätigt erfüllt sah. Der 19-Jährige wurde zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt, sein Komplice erhielt zwei Jahre und drei Monate Jugendhaft.
Der jüngere Angeklagte war erst vor wenigen Wochen von einem anderen Gericht wegen Gewaltdelikten zu einer Jugendstrafe von 15 Monaten verurteilt worden. Dieser Schuldspruch wurde nun mit einbezogen.