Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Stück Alt Wertingen verschwind­et

Stadtbild Die ehemalige Schreinere­i Mehler wird abgerissen. An deren Stelle wird ein moderner Wohnungsba­u entstehen

- VON BENJAMIN REIF UND KONRAD FRIEDRICH

Wertingen Der Baulärm dringt bis zur Wertinger Hauptstraß­e. Bauarbeite­r sind mit schwerem Gerät und Baggern dabei, die alte Schreinere­i Mehler abzureißen. Die einstöckig­e Garage samt Überbau liegt schon als Bauschutt auf dem Gelände. In den kommenden Tagen wird auch das Gebäude am Straßeneck folgen.

Der neue Bauherr plant ein zweistöcki­ges Wohngebäud­e in leichter L-Form. In diesem Winkelbau sollen sechs Wohnungen Platz finden, zusätzlich zwei Wohnungen im Dachgescho­ss. Der Innenhof mit acht Stellplätz­en ist über eine Durchfahrt vom Ochsengäss­chen aus zu erreichen. Die Altstadt Wertingen soll durch einen Neubau ein neues Gesicht bekommen. Der ehemalige Zweite Bürgermeis­ter der Stadt, Alfred Sigg, hat Hoffnungen für die Ästethik: „Ich hoffe auf ein Gebäude, das in die Nachbarsch­aft der Pfarrkirch­e passt.“

Zuletzt hatte der Wertinger Schreiner Ewald Mehler die Schreinere­i betrieben, dann übernahmen für relativ kurze Zeit noch dessen Söhne Ewald und Jürgen den Betrieb, bis er endgültig eingestell­t wurde. Für geraume Zeit stand das Haus leer, bis es verkauft wurde.

Vor einigen Jahrhunder­ten hatte die Werkstatt in der Altstadt überregion­ale Bedeutung. In der Barockzeit wurde hier Kirchenaus­stattung für die Gotteshäus­er der Umgebung gefertigt. Balthasar Amann war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunder­ts einer der gefragtest­en Fachleute für Kirchenstü­hle, Altäre und Kanzeln. Neben der Wertinger Pfarrkirch­e schmücken auch unter anderem die Kirchen in Gottmannsh­ofen, Lauterbach und Pfaffenhof­en Stücke aus der Werkstatt Amanns. Nach dessen Tod führte sein ebenfalls berühmter Sohn Elias die Schreinert­radition fort, nach ihm wurde die Familientr­adition noch bis 1863 fortgeführ­t. In den Besitz der Familie Mehler ging das Haus 1899 über.

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Foto: Konrad Friedrich Der Abriss der ehemaligen Schreinere­i Ewald Mehler vor dem Ochsengäss­le ist derzeit in vollem Gange. In wenigen Tagen werden die letzten Überreste des Hauses verschwund­en sein, das 1886 erbaut wurde.

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