Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Stück Alt Wertingen verschwindet
Stadtbild Die ehemalige Schreinerei Mehler wird abgerissen. An deren Stelle wird ein moderner Wohnungsbau entstehen
Wertingen Der Baulärm dringt bis zur Wertinger Hauptstraße. Bauarbeiter sind mit schwerem Gerät und Baggern dabei, die alte Schreinerei Mehler abzureißen. Die einstöckige Garage samt Überbau liegt schon als Bauschutt auf dem Gelände. In den kommenden Tagen wird auch das Gebäude am Straßeneck folgen.
Der neue Bauherr plant ein zweistöckiges Wohngebäude in leichter L-Form. In diesem Winkelbau sollen sechs Wohnungen Platz finden, zusätzlich zwei Wohnungen im Dachgeschoss. Der Innenhof mit acht Stellplätzen ist über eine Durchfahrt vom Ochsengässchen aus zu erreichen. Die Altstadt Wertingen soll durch einen Neubau ein neues Gesicht bekommen. Der ehemalige Zweite Bürgermeister der Stadt, Alfred Sigg, hat Hoffnungen für die Ästethik: „Ich hoffe auf ein Gebäude, das in die Nachbarschaft der Pfarrkirche passt.“
Zuletzt hatte der Wertinger Schreiner Ewald Mehler die Schreinerei betrieben, dann übernahmen für relativ kurze Zeit noch dessen Söhne Ewald und Jürgen den Betrieb, bis er endgültig eingestellt wurde. Für geraume Zeit stand das Haus leer, bis es verkauft wurde.
Vor einigen Jahrhunderten hatte die Werkstatt in der Altstadt überregionale Bedeutung. In der Barockzeit wurde hier Kirchenausstattung für die Gotteshäuser der Umgebung gefertigt. Balthasar Amann war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts einer der gefragtesten Fachleute für Kirchenstühle, Altäre und Kanzeln. Neben der Wertinger Pfarrkirche schmücken auch unter anderem die Kirchen in Gottmannshofen, Lauterbach und Pfaffenhofen Stücke aus der Werkstatt Amanns. Nach dessen Tod führte sein ebenfalls berühmter Sohn Elias die Schreinertradition fort, nach ihm wurde die Familientradition noch bis 1863 fortgeführt. In den Besitz der Familie Mehler ging das Haus 1899 über.