Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ist ein Tempolimit der große Wurf?
Verkehr Interessierte und Experten ringen um die beste Lösung für das neue Zusmarshauser Zentrum. Wie sie aussieht, ist offen
Zusmarshausen Mit einem Großaufgebot an Experten hat die Markt Zusmarshausen versucht, mehr Klarheit ins Thema zentrale Verkehrsberuhigung zu bringen. Wie berichtet, hatte es vor allem bei Gewerbetreibenden Bedenken wegen einer möglichen Umgestaltung vor allem der Augsburger Straße gegeben. Die große Angst: Eine Verkehrsberuhigung könnte zu Einbußen bei den Geschäften führen. Der Verkehrsplaner Reiner Neumann versuchte die Wogen zu glätten, die nach seiner Verkehrsuntersuchung und den darauf folgenden Vorschlägen gegen den überbordenden Verkehr hochgeschwappt waren. Zudem bemühten sich Spezialisten des integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts Isek zu verdeutlichen: Die ins Spiel gebrachten Ideen stellten noch keineswegs eine „Objektplanung“mit Zielen dar.
Manche Besucher im Festsaal St. Albert gaben ihrem Unmut Ausdruck, dass über die Köpfe vor allem der Gewerbetreibenden hinweg geplant worden sei. Bürgermeister Bernhard Uhl bemühte sich nach Kräften den ganzen Abend lang, solche Missverständnisse auszuräumen: „Da ist noch keine einzige Entscheidung gefallen“, versicherte der Rathauschef mit Blick auf den im Publikum stark vertretenen Marktgemeinderat, der sich in den vergangenen Monaten immer wieder mit den seit 2003 stark angestiegenen Bewegungen auf den Straßen in und um den Ort beschäftigt hatte.
Uhl, der sich „als Bürgermeister aus dem Schussfeld nehmen“wollte, bat um „eine positive Stimmung jetzt und wenn wir dann wieder auseinandergehen“. Unter Moderation der Geografin Ursula Ammermann vom Büro für Stadtentwicklung und Kommunikation revanchierten sich die Diskutanten der Handeltreibenden mit teils hartnäckigen, aber sehr sachlich vorgetragenen Wortbeiträgen. Etwa zur Parksituation, zum Umbau der Augsburger Straße sowie der Gestaltung einer „richtigen“Ortsmitte. Kritik, dass man bei der Planung eines Tages „die Katze plötzlich aus dem Sack lässt“, blieb eher die Ausnahme.
„Vor unserer Tür geht es zu wie an der Autobahn, da sollte eine Tempobegrenzung her“, sagte eine Geschäftsfrau. Eine Kollegin sorgte sich um die Straßenausbaubeiträge, die bei einer Neugestaltung für die Anlieger anfallen könnten. Eine andere Zusmarshauserin wollte wissen, was bei einer Verkehrsberuhigung auf der Straße stehen soll. „Etwa Blumenkästen?“Bei diesem Thema schritt Verkehrsplaner Reiner Neumann mit einer Warnung vor falsch ausgelegten Begriffen ein, zumal es sich beim Verkehr um „alle Bewegungen zwischen A und B nicht nur von Autos, sondern auch Fußgängern und Radlern“handeln würde. Wenn vor „ruhendem Verkehr“gewarnt werde, so der Ingenieur aus Ulm, so „warnen Sie vor den an- und abfahrenden Fahrzeugen vor Ihrem Geschäft“. Der Experte wollte außerdem die Befürchtungen vor einem Fahrzeugstopp in bestimmten Zonen ausräumen und stellte vielmehr einen „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“als Lösung vor. Nach der Straßenverkehrsordnung gelte dort zur Verbesserung der Verkehrssicherheit der Fußgänger ein Tempolimit, aber keine Gleichberechtigung der Verkehrsarten wie bei einem verkehrsberuhigten Bereich, im Volksmund irrtümlich Spielstraße genannt. Was seine Vorschläge zur Verkehrseindämmung angeht, ließ er durchblicken: „Ob Sie das alles realisieren, ist mir als Planer gleich. Aber was nützt das beste Ziel, wenn es keine Taten gibt?“Verkehrsschilder und Farbmarkierungen allein seien keine Lösung, zudem seien nicht alle Verkehrsprobleme der Kommune zu 100 Prozent abstellbar. „Aber ich sehe die Chance, hier Qualität hineinzubringen.“
Für eine schonungslose Bestandsaufnahme bei der städtebaulichen „Qualität“der Zusamgemeinde hatte sich zuvor bereits Fachplanerin Susanne Moser-Knoll aus Nördlingen entschieden, die von gewissen Mängeln wie einem fehlenden Zentrum sprach. Die häufig im Festsaal ausgesprochene Kritik an detaillierten Lösungsvorschlägen wies sie zurück: „Unser Auftrag ist nicht die Straßenplanung.“
Debatten-Regisseurin Ursula Ammermann, die bis zuletzt voll des Lobes für den lebhaften Austausch war, zeigte die schwierige Gemengelage auf: „Wenn wir jetzt konkrete Konzepte mit allen Einzelheiten vorlegen würden, wäre die Empörung ebenfalls groß.“