Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das steckt hinter Stevia und Co.
Ernährung Vielen ist Zucker zu ungesund. Sie weichen auf Ersatzprodukte aus. Was davon zu halten ist
Augsburg Er kommt in den Kuchen und in den Kaffee, steckt in Schokolade und auch im fertigen Krautsalat: der Zucker. Doch der Süßstoff hat ein Imageproblem. Denn inzwischen ist vielen Menschen klar, dass es ungesund ist, zu viel Zucker zu essen. Deshalb gibt es im Handel längst andere Süßungsmittel. Doch was taugen die Alternativen? Und was steckt hinter Ersatzprodukten wie Stevia, Birkenzucker und Kokosblütenzucker?
Was genau ist Zucker und woraus wird er hergestellt?
Normaler Haushaltszucker ist chemisch gesehen eine Verbindung von einem Molekül Fruchtzucker und einem Molekül Traubenzucker. Weil er zwei Bestandteile hat, wird Haushaltszucker auch Zweifachzucker oder Disaccharid genannt. Er wird entweder aus Zuckerrohr oder aus Zuckerrüben gewonnen. Chemisch und physikalisch betrachtet bestehen zwischen den beiden Produkten keine Unterschiede. Der weiße Zucker ist so weiß, weil er gereinigt wurde. Bleibt noch etwas Melasse zurück, ist der Rübenzucker braun. So erklärt es Heidrun Schubert, Ernährungsexpertin von der Verbraucherzentrale Bayern. „In der Melasse sind minimale Spuren von Nährstoffen enthalten“, sagt sie. Den- noch ist brauner Zucker, auch wenn er natürlicher aussieht, nicht gesünder als weißer.
Woraus bestehen Kokosblütenzucker und Palmzucker?
Beides hat mit Zucker im Sinn von Haushaltszucker wenig zu tun, schreibt der Informationsdienst aid in einer Broschüre zum Thema Zucker. „So ist Palmzucker ein Süßungsmittel, das aus verschiedenen Palmpflanzen gewonnen werden kann“, heißt es dort. Kokosblütenzucker wird wirklich aus der Blüte einer Kokospalme gewonnen. Der Nektar wird abgezapft, gekocht und getrocknet. „Die entstehenden Kristalle haben einen leicht karamelligen Geschmack“, heißt es in Broschüre. Beide sind im Vergleich zu Haushaltszucker teurer, hat die Verbraucherzentrale Hessen in einer Untersuchung herausgefunden. „Ein Kokosblütenzuckerprodukt kostet rund 50-mal so viel wie Haushaltszucker“, schreiben sie.
Was ist Birkenzucker?
Birkenzucker ist gar kein Zucker, sondern ein Zuckeralkohol namens Xylit. Die Zuckeralkohole sind Kohlenhydrate und fallen chemisch betrachtet in die gleiche Stoffgruppe wie Trinkalkohol (Ethanol), haben jedoch keine berauschende Wirkung. Birkenzucker hat weniger Kalorien als Haushaltszucker, auf ein Gramm kommen 2,4 Kalorien – bei Zucker sind es vier. Der Name lässt vermuten, dass er aus Birken hergestellt wird. Doch wie die hessichen Verbraucherschützer schreiben, wird Xylit zwar meist aus pflanzlichen Rohstoffen chemisch hergestellt, allerdings aus Maiskolbenresten oder Stroh. Das Mittel wirkt blähend und abführend, wenn man zu viel davon isst.
Was verbirgt sich hinter Stevia?
Viele denken, dass Produkte wie Stevia oder Stevia-Streusüße Bestandteile der Stevia-Pflanze enthalten. Die Verbraucherzentrale Hessen sagt aber, das dem nicht so ist. Sie enthalten einen geringen Anteil Steviolglycoside. Die Begriffe werder den oft gleichgesetzt, was nicht richtig ist, da der Herstellung des Süßstoffs ein sehr komplexes chemisches Verfahren zugrunde liegt, heißt es in der Broschüre des Infodienstes. Er ist etwa 300-mal süßer als Haushaltszucker, weswegen er nur in geringem Anteil in den Süßungsmitteln enthalten ist. Dazu kommt, dass die Stoffe in einer hohen Dosierung bitter und lakritzartig schmecken.
Welche Alternative empfehlen Ernährungsexperten?
Gar keine. Denn alle genannten Alternativen haben aus ihrer Sicht Nachteile. Palm- und Kokosblütenzucker sind teurer als Haushaltszucker und legen weite Transportwege zurück. Stevia und Birkenzucker sind chemisch verarbeitet und ebenfalls teurer als Haushaltszucker. Ernährungsexpertin Heidrun Schubert empfiehlt deshalb: Lieber weniger Zucker essen als auf Ersatzprodukte auszuweichen. Aber: Ein bisschen Zucker darf ruhig sein.
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Mehr Infos zum Thema Zucker und Zuckerersatzstoffen gibt es in der Bro schüre „Zucker, Sirupe, Honig, Zuckeraus tauschstoffe und Süßstoffe“vom aid Infodienst des Bundeszentrums für Ernäh rung oder in der App „Süßmacher“von der Verbraucherzentrale Bayern.