Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Das Ziel: Weltweit die Nummer eins bleiben
Wirtschaft Stadtbergens größter Arbeitgeber, die Firma Erhardt und Leimer, wächst. Wohin die Reise in den nächsten Jahren geht und warum die US-Wirtschaft den deutschen technischen Mittelstand bedrohen könnte
Stadtbergen Leitershofen Michael Proeller kommt gerade von einer achttägigen Geschäftsreise aus Nordamerika zurück. Der Geschäftsführer der Firma von Erhardt und Leimer mit Sitz im Stadtberger Stadtteil Leitershofen ist begeistert: „Die USA sind wieder auf dem Vormarsch.“Michael Proeller prophezeit: Die Wirtschaft auf dem Kontinent über dem großen Teich werde in den nächsten Jahren Europa „links überholen“: Warum das so ist und wie sich Erhardt und Leimer in den kommenden Jahren ausrichten wird, verrät der Enkel des Firmengründers Albert Leimer im Interview mit unserer Zeitung:
Wenn von den USA im Augenblick in den Medien die Rede ist, dann geht es meistens um Politik und Präsident Donald Trump.
Michael Proeller: Leider hört man hier nur noch Trump, Trump, Trump. Die USA sind aber der größte unterschätzte Markt. Dass uns die USA in den nächsten Jahren links überholen, vermag jetzt noch keiner abzuschätzen.
Warum biegt die US-Wirtschaft auf die Überholspur?
Proeller: Die USAha ben in denv ergangenen Jahren ihre digitalen Konzepte konsequent in ihren Rein du striali sie rungs prozess eingebaut.
Vor einigen Jahren war die US-Wirtschaft am Boden.
Proeller: Die USA waren vor zehn Jahren noch tot. Dort wurde ja nichts mehr hergestellt. Wenn man jetzt Firmen besucht, sieht man: Sie sind modernst ausgestattet. Dort wird auch anders gedacht: Die Arbeit wird von vorne bis hinten digitalisiert und so vieles effizienter gesteuert. Ich habe Respekt vor Amerika, was Innovation und Kaufkraft betrifft. Die Bedrohung für den deutschen technischen Mittelstand sind nicht mehr die Chinesen. Wer als Mittelständler im globalen Wettbewerb China die letzten 15 Jahre überlebt hat, muss jetzt die USA überleben.
Erhardt und Leimer ist schon frühzeitig nach China gegangen.
Proeller: Das war 1998. 2003 haben wir eine eigene Tochtergesellschaft in China gegründet. Im Oktober 2013 wurde der Grundstein für einen neuen Firmenstandort gelegt. Wir haben frühzeitig die Weichen gestellt und erkannt, was dort passieren wird. Jetzt noch dorthin zu gehen, ist schon fast zu spät. China ist für uns immens wichtig, in den letzten fünf Jahren haben wir uns dort verdoppelt und beschäftigen derzeit in China rund 200 Mitarbeiter. Derzeit spielt die Reifenproduktion in China eine große Rolle genauso wie die Batterieherstellung und der Textilmaschinenbau.
Von Asien zurück nach Europa. Vor einigen Jahren war eine Erweiterung von Erhardt und Leimer immer wieder Thema. Doch aus einem neuen Gewerbegebiet an der B 300 wurde nichts. Stattdessen zog ein Teil der Firmengruppe in eine ehemalige Böwe-Systec-Halle in der Augsburger Rumplerstraße. Ist der Standort Stadtbergen sicher? Proeller: Sicher, er ist sicher. Ein großer Umzug lohnt sich nicht. Wir sind eine konservative Firma, die nicht mehr ausgibt, als sie einnimmt. Bei den derzeitigen Grundstückspreisen rechnet sich so etwas sowieso nicht. 80 Prozent unserer 500 Mitarbeiter am Standort Stadtbergen kommen aus den Westlichen Wäldern. Die wollen wir nicht verlieren, was bei einem Umzug aber der Fall sein könnte. Wir befinden uns aber gerade in Verhandlungen über Grundstücke in der näheren Umgebung von Leitershofen. Dort könnten wir uns unter Umständen erweitern.
Im Jahr 2019 besteht die Firmengruppe Erhardt und Leimer seit 100 Jahren. Wie wird dann das Jubiläum gefeiert?
Proeller: Wir werden mit einem großen Familientag und vielleicht auch Betriebsführungen feiern. Wenn allerdings eine Krise vor 2019 kommt, dann wird das große Fest sofort abgesagt. Wir können kein großes Fest feiern und gleichzeitig Sparmaßnahmen durchführen, das würde gar nicht zusammenpassen.
Wie sehen die nächsten 100 Jahre bei Erhardt und Leimer aus?
Proeller: Hoffentlich genauso unspektakulär wie die letzten 100 Jahre. Wir wollen in unseren definierten Marktnischen weltweit die Nummer eins bleiben und sukzessive unsere Automatisierungstechnologie in andere Industrien erweitern. Wir rechnen mit einem konstanten jährlichen Wachstum zwischen fünf und zehn Prozent in den kommenden Jahren, was den Fokus auf die Ausbildung und Weiterqualifizierung unserer Mitarbeiter richtet. Wir haben heute mit etwa 90 Auszubildenden schon eine Ausbildungsquote von 15 Prozent, was uns die Zukunftsbasis dafür auch im Mitarbeiterbereich schafft.