Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Feuerwehr wehrt sich gegen Attacken
Kampagne Rettungskräfte berichten von Beschimpfungen und tätlichen Angriffen. Jetzt werben sie für mehr Respekt
München Ob er als Feuerwehrmann schon einmal Opfer von Gewalt geworden ist? Friedhelm Bechtel muss keine Sekunde überlegen, um mit einem bestimmten „Ja“zu antworten – und mehrere Beispiele hat er auch sofort parat. Einmal wurden er und sein Kollege bei einem Einsatz in Augsburg von einem Mann gewürgt und zu Boden gerissen. Der Mann stand offenbar unter Drogen und wollte vermutlich verhindern, dass die beiden Feuerwehrmänner das Rauschgift finden, das er in seiner Wohnung versteckt hatte. Ein anderes Mal war Bechtel gerade auf dem Weg zu einem Brand in einem Hotel in der Augsburger Innenstadt. Als er die Straße überqueren wollte, näherte sich ein Auto. Der Fahrer sah den Feuerwehrmann – und gab Gas. Nur mit einem beherzten Sprung auf die Seite konnte sich Bechtel retten. Der Autofahrer hielt daraufhin an, kurbelte das Fenster herunter und beschimpfte den am Boden liegenden Brandamtmann, so lautet der offizielle Dienstgrad Bechtels bei der Augsburger Berufsfeuerwehr.
„Das war heftig und so etwas will ich eigentlich nie mehr erleben“, sagt Bechtel im Gespräch mit unserer Zeitung. Neuerdings sagt er es aber auch im Kino. Denn der Augsburger ist einer der Hauptakteure in einem dreiminütigen Film der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG), der gestern in München Premiere feierte. Unter dem Titel „Respekt? Ja, bitte“wollen die bayerischen Brandschützer auf ein Problem hinweisen, das offenbar immer größer wird: dass Rettungskräfte bei ihrer Arbeit behindert, beleidigt und sogar tätlich angegriffen werden. „Wir haben leider keine aktuellen belastbaren Zahlen, aber eine Studie im Jahr 2014 hat gezeigt, dass in München jeder Feuerwehrmann rund zweimal im Jahr Opfer derartiger Übergriffe wird. Gefühlt ist diese Zahl in den vergangenen Jahren immer größer geworden“, sagt Siegfried Maier, bayerischer Landesgruppenvorsitzender der DFeuG. Im Freistaat gebe es mehr als 320 000 Feuerwehrleute – 97 Prozent davon im Ehrenamt. Es könne nicht angehen, dass sie, „die nur Gutes tun wollen“, angegriffen werden.
Die Kampagne der Gewerkschaft und der Kurzfilm, der ab sofort im Internet sowie vier Wochen lang in bayerischen Kinos – vorerst lediglich in München, Rosenheim, Aschaffenburg und Landshut – im Vorprogramm laufen wird, soll auf die Problematik aufmerksam machen. Und er soll Politik sowie Justiz zum Handeln bewegen. Zwar gebe es bereits Gesetze, um Personen zu bestrafen, die Rettungskräfte angreifen. Oftmals würden die jedoch nicht umgesetzt, sagt Maier – wegen fehlenden öffentlichen Interesses, wie es juristisch heißt. „Dafür fehlt uns das Verständnis. Wer einen Retter attackiert, der gehört bestraft“, fordert der GewerkschaftsChef. Der Augsburger Friedhelm Bechtel hält sich mit derartigen Parolen zurück. Die Aggressoren seien seiner Erfahrung nach in den meisten Fällen Männer, die unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen stehen und dann „alles um sich herum vergessen“. Von dem Film, mit ihm in der Hauptrolle, erhofft er sich eine positive Wirkung: „Vielleicht können wir den ein oder anderen wachrütteln.“»Kommentar I
Bei uns im Internet
Den Film der Feuerwehr finden Sie unter augsburger allgemeine.de/respekt