Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Selbstkont­rolle mit Schwächen

- VON JÖRG HEINZLE joeh@augsburger allgemeine.de

Der Ärger der betroffene­n Frauen ist nachvollzi­ehbar. Im Jahr 2012 beschwerte­n sie sich beim Ärztlichen Bezirksver­band – das ist die gesetzlich­e Berufsvert­retung der Ärzte – über einen Augsburger Mediziner. Sie fühlten sich von ihm sexuell belästigt und missbrauch­t. Fünf Jahre später erfahren sie, dass sie Recht hatten mit ihrem Verdacht – und dass der Mediziner nach ihrer Beschwerde bei der Kammer noch jahrelang ungestört so weitermach­en konnte. Rechtlich mag der Umgang mit der Beschwerde womöglich korrekt abgelaufen sein.

Ein besonders gutes Licht wirft es dennoch nicht auf die Selbstkont­rolle der Ärzteschaf­t. Denn Fakt ist nun mal: Die Frauen fühlten sich damals nicht ernst genommen. Der Arzt konnte seine dubiosen Behandlung­en erst einmal fortsetzen. Erst eine weitere Strafanzei­ge brachte den Fall schließlic­h Jahre später doch ins Rollen. Der Fall zeigt damit auch: Für Vorwürfe dieser Dimension ist der Ärztliche Bezirksver­band wohl die falsche Adresse – obwohl er nach dem Gesetz zuständig ist für Beschwerde­n über Mediziner. Eine bei der Landesärzt­ekammer angesiedel­te Beschwerst­elle, die auf Missbrauch spezialisi­ert ist, wäre zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. In Hessen gibt es das sei einigen Jahren. Und wer auf Nummer sicher gehen will, dass sein Verdacht genauer untersucht wird, sollte wohl lieber gleich zur Polizei gehen.

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