Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Das ist schade für uns“
Interview Fed-Cup-Chef Jens Gerlach über die Absagen der besten Spielerinnen für die erste Runde. Nach seiner Dienstreise nach Australien geht es zurück im Allgäu erst mal auf’s Eis
Herr Gerlach, Sie waren während der ersten Turnierwoche bei den Australian Open. Wie ist es um die Form der deutschen Frauen bestellt?
Jens Gerlach: Aus meiner Sicht: gut. Ein bisschen unglücklich war natürlich, dass Julia Görges gegen Cornet in der zweiten Runde verloren hat. Andrea Petkovic hat gegen Kvitova ein gutes Match gezeigt, dann leider gegen Lauren Davis verloren. Und über Angelique Kerber müssen wir gar nicht reden – die präsentiert sich in hervorragender Form.
Ein wenig ärgerlich ist nur, dass weder Görges noch Kerber im Februar in der ersten Runde des Fed-Cup in Weißrussland spielen werden.
Gerlach: Dafür habe ich Verständnis. Die zwei haben die vergangenen zehn Jahre fast jede Runde gespielt. Angie hat jetzt ein neues Team und sagt, dass sie aus diesem Grund erst einmal andere Prioritäten setzen muss. Sie ist ja auch schon auf dem Weg zurück zur alten Stärke. Das ist für sie und das deutsche Tennis schön. Bei Julia ist es eine neue Situation. Sie will oben mitmischen. Weißrussland liegt für ihren Turnierplan eben nicht gut im Kalender. Schade für uns, aber ich kann es nachvollziehen.
Sie waren nun erstmals als Chef des Fed-Cup-Teams bei den Australian Open. Wie kann man sich Ihre Arbeit vor Ort vorstellen?
Gerlach: Morgens geht es raus auf die Anlage, dann werden so viele Matches wie möglich angeschaut und ein paar Trainingseinheiten. Außerdem spricht man mit den Spielerinnen, analysiert Partien und tauscht sich mit dem Team vor Ort aus. Ich habe natürlich auch die Weißrussinnen beobachtet und viel mit Barbara Rittner (der ehemaligen Fed-Cup-Chefin, gesprochen.
Nun sind Sie wieder zu Hause in Schwangau (Lkr. Ostallgäu). Da dürfte vor allem Ihre sechsjährige Tochter froh sein.
Gerlach: Klar, mit ihr geht es jetzt erst mal zum Schlittschuhlaufen ins Stadion des EV Füssen, dann ist die Welt in Ordnung.
Die Kleine wird aber auch regelmäßig auf dem Tennisplatz zu sehen sein. Gerlach: Immer mal wieder. In letzter Zeit waren wir sehr viel Skifahren und auf dem Eis. Wir versuchen schon, sie polysportiv zu erziehen.
Wie hat es Sie als gebürtigen Stuttgarter überhaupt dorthin verschlagen? Gerlach: Ich war hier als Kind mit meinen Eltern oft im Urlaub. Nachdem ich dreieinhalb Jahre in der Schweiz gearbeitet hatte, hat sich die Frage gestellt, wo wir hinziehen. Meine Frau ist gebürtige Tschechin, ihre Familie wohnt in Prag, mein Vater wohnt in Stuttgart. Dann haben wir überlegt: Wohin soll es gehen? Weil es uns sehr gut gefällt, hat es uns hierher verschlagen. Das ist zwar nicht der Tennisnabel der Welt, aber wir probieren auch hier, in diesem Bereich zu arbeiten.
In welche Richtung geht es denn? Gerlach: Meine Frau Magdalena (geborene Kucerova, ist ehemalige Profispielerin, wir sind beide beruflich Tennistrainer. Hier beim TC Schwangau haben wir in den vergangenen beiden Jahren etwas aufgebaut.
Das bedeutet, auch ich könnte Tennisstunden beim Chef des deutschen FedCup-Teams nehmen? Gerlach: Wenn ich in Schwangau bin, sehr gerne. Hier verbringe ich meine normale Arbeitswoche. Ich unterrichte Kinder und alle Tennisinteressierten.
Interview: Tilmann Mehl
● Jens Gerlach ist seit Anfang des Jahres Chef des deutschen Fed Cup Teams und somit in etwa Ten nis Bundestrainer der Frauen. Der 44 Jährige trainierte früher unter an derem die Russin Anastasia Myski na, die er 2004 zum Sieg bei den French Open führte. Später arbei tete er auch noch für den Britischen und den Schweizer Tennisverband als Cheftrainer. (time)