Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Debatte über die AVV Tarifreform geht weiter
Das ist das Ende einer langen Kundenbeziehung
„Hier wohnen heißt hier Kunde sein“: Diesem Slogan der Stadtwerke folgend, bin ich deren treue Kundin im Bereich Energieversorgung, obwohl es durchaus günstigere Anbieter gibt. Den Bus oder die Straßenbahn brauche ich nur, wenn ich witterungsbedingt nicht mit dem Rad fahren kann. Da ich eine 100-prozentige Preissteigerung auf der Strecke vom Königsplatz zur Ulrichsbrücke nicht in Kauf nehme, wollte ich vom Rathausplatz die sogenannte Kurzstrecke bis zur Berliner Allee fahren und den Rest zu Fuß gehen.
Leider war mir das Detail entgangen, dass man das kundenfreundliche Kurzstreckenticket in der Straßenbahn nicht bekommt. Der Fahrer konnte mir das aber nicht mitteilen, sondern brüllte mir auf meine Bitte nach dem Kurzstreckenticket gebetsmühlenartig immer wieder „2,90“entgegen, bis ich genervt ausgestiegen und die ganze Strecke gelaufen bin. Wenn die Stadtwerke auf mich als gelegentliche Nutzerin des ÖPNV verzichten können, kann ich auch Strom und Gas für meinen SechsPersonen-Haushalt woanders beziehen. Hier können die Stadtwerke nämlich keine Monopolstellung ausnutzen. Das ist das Ende einer langen Kundenbeziehung.
Sabina Reitz, Augsburg
Woanders fahren Senioren ab 70 kostenfrei
Ich vermisse bei der ganzen Diskussion die älteren Menschen bei uns. Wo bleibt die Realisierung von Maßnahmen, wie sie zum Beispiel in Prag oder anderen EU-Mitgliedstaaten bereits praktiziert werden? Dort fahren Senioren ab 70 kostenfrei mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Senioren sind fleißige Wähler und registrieren genau, ob sie bei den Dingen, die die Parteien sich auf die Fahnen schreiben, auch Gehör finden.
Bernhard Härle, Meitingen
Warum nicht so wie in Wien?
Wie unglücklich viele Kunden des AVV über diese sogenannte Reform der Tarife sind, erkennt man an der Vielzahl der Leserbriefe. Ich habe einen sehr einfachen Vorschlag: Machen Sie es doch wie die Stadt Wien in Österreich! Da gibt es ein Jahresabo für den ganzen großen Innenraum mit S-Bahnen, Bussen, Straßenbahnen und U-Bahnen um 365 Euro pro Jahr! Bei dem Preis würden zahlreiche Autofahrer auf die Öffentlichen umsteigen. Die Luft in der Innenstadt wäre garantiert besser und die Stadt Augsburg verdiente so ihren Namen als Umweltstadt. Ich würde mir ein solches Abo sofort kaufen! Claus Kapfer, Friedberg
Ein Neuanfang ist nötig
Herr Casazza sagt, dass man auf den Rückgang der Abonnenten in den letzten Jahren reagieren musste. Das ist richtig und würde im Normalfall bedeuten, Angebote für Abonnenten attraktiver zu machen.
Beim AVV geht man einen anderen Weg, es werden einfach die Angebote für Gelegenheitsfahrer unattraktiver gemacht. Was für eine Logik ist das denn? Beim Blick auf die Bilanz des StadtwerkeChefs sollte jetzt endlich die Notbremse gezogen werden. Ein Neuanfang ist nur mit einem anderen Geschäftsführer möglich.
Michael Menzel, Augsburg
Eine solche Umstellung hat immer Kinderkrankheiten
Bei den Veröffentlichungen und der üppigen Leserbrief-Resonanz, die hauptsächlich Verschlechterungen für Einzelne oder gesamte Personengruppen zum Tenor haben und teilweise polemisch beziehungsweise sachfremd sind, kommen mir einige Aspekte zu kurz: Die öffentliche Daseinsvorsorge, zu der auch der ÖPNV gehört, verursacht den Kommunen enorme Kosten, die zumindest zum größten Teil auf die Benutzer umzulegen sind. Wenn nun Teile des Stadtrates ihr Missfallen an der Reform offen erklären, wäre es gut zu wissen, welche Vorschläge sie bei den Beratungen eingebracht haben. Gleichzeitig finde ich es befremdlich, wenn der Münchner Experte jetzt erst seine Anmerkungen veröffentlicht; warum wurde er nicht früher zu Rate gezogen beziehungsweise warum hat er sich nicht früher eingemischt? Eine derartig gravierende Umstellung wird immer Kinderkrankheiten haben, die nach einer Anlaufphase behoben werden müssen – die nötige Zeit dazu ist den Stadtwerken zu geben. Zu beachten ist, dass Verbesserungen für Einzelne, insbesondere bei der Haltestellennumerik, zu Benachteiligungen anderer führen könnten. Georg Graf, Augsburg
Zu Fuß gehen oder Fahrrad fahren
Auch wir im Textilviertel/Kammgarn sind betroffen. Um mit einem Streifen des Kurzstrecken-Tickets wenigstens bis zum Königsplatz zu kommen, müssen wir bis zur Gärtnerstraße laufen. Die vorherigen Stationen reichen nur bis Rotes Tor beziehungsweise Theodor-HeussPlatz, je nachdem, welche Einsteigstelle wir wählen. Wir sind zwar mal mehr, mal weniger auch nur Gelegenheitsfahrer, haben aber die 6er gerne genutzt. Künftig werden wir wohl unsere Schritte gleich von zu Hause aus in eine andere Richtung lenken und durch die City-Galerie und Altstadt zum Moritzplatz laufen oder das Fahrrad wählen. Mit dem gesparten Fahrgeld können wir uns dann einen Kaffee mit Gebäck kaufen. Diese Varianten funktionieren jedoch nur, solange man laufen und radeln kann. Viele ältere Gelegenheitsfahrer haben diese Möglichkeit leider nicht. Unser Vorschlag: Zurück zum alten System, da die Preise der Streifenkarte sowieso alle Daumen lang erhöht wurden.
Manfred Gehringer, Augsburg
Welche Motivation steckt dahinter?
Ebenfalls zur AVV Tarifreform: Abschaffung des Wochentickets aufgrund Kundenwunsches nach Tarifvereinfachung – diese Aussage hat durchaus Charme. Entweder die Stadtwerke trauen ihren Fahrgästen die Unterscheidung zwischen Wochen und Monaten nicht zu oder es steckt doch eine andere Motivation dahinter.
Thomas Ganz, Friedberg
Uferlose Meckerei geht auf die Nerven
Mir geht diese uferlose Meckerei auf die Nerven. Seit zwanzig Jahren besitze ich das Senioren-Abo, jetzt Mobil-Abo 9 Uhr und bin im Besitz des gültigen Kfz-Führerscheins seit 72 Jahren. Ich bin sehr froh, dass ich in meiner Heimatstadt Augsburg einen Straßenbahn- und Bus-Service habe, der vorbildlich und mustergültig ist und sich sehen lassen kann: zuverlässig, pünktlich, modern, sauber, freundlich und sicher. Man sollte die Kostenfrage respektvoll hinten anstellen. Meines Erachtens ist das eigene Auto kostenmäßig ungünstiger als der öffentliche Nahverkehr. Also mein persönlicher Dank an die Stadtwerke für diesen Komfort. Robert Bader, Augsburg
Weniger Geld für die Werbung ausgeben
Wenn nach Meinung unserer Zweiten Bürgermeisterin und von Herrn Casazza wenig Beschwerden gegen die Tarifreform bei den Stadtwerken eingegangen sind, empfehle ich, die der AZ zugegangenen Leserbriefe zur Verfügung zu stellen, da darin die Schwachstellen der Reform im Detail aufgezeigt sind. Dass die Reform vom Grundsatz her kontraproduktiv zur gewünschten Minderung des Individualverkehrs in der Stadt wirkt, hat Herr König als anerkannter Fachmann klar dargestellt. Die zahlreichen Ungereimtheiten sprechen nicht für eine gute Arbeit der Verantwortlichen. Mit großem Werbeaufwand wurden die Kunden eher für dumm verkauft als aufgeklärt. Die mit einer Abo-Kündigung verbundenen Nachzahlungen waren das krasseste Beispiel. Ich nehme an, dass einer guten Werbeagentur so ein Fehler nicht unterläuft, außer er war gewollt. Die Stadtwerke müssen ein großes Budget für Werbung haben. Ich glaube, ein Zusammenstreichen dieses Haushaltstitels würde den Verkehrsbetrieben finanziell guttun und andererseits nicht schaden. Aber solange unser Stadtrat alles absegnet, was von Herrn Casazza kommt, wird sich wenig ändern. Manfred Hütter, Augsburg