Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Geplatzte Urlaubsträume
Kriminalität Ob Amerika, Australien oder Asien: Ein Kaufmann aus dem Landkreis soll zwei Jahre lang Kunden aus ganz Süddeutschland und Österreich um mehr als 150000 Euro geprellt haben. Die Masche ist einfach
Ein Reisebüro aus dem Landkreis soll Kunden zwei Jahre lang geprellt haben: Teilweise haben die Urlaubshungrigen viel Geld verloren.
Landkreis Augsburg Für viele war der Urlaub schon vorbei, ehe er begonnen hatte: Über zwei Jahre lang soll ein Reisebüro aus dem Landkreis rund 30 Kunden aus Süddeutschland und Österreich über den Tisch gezogen haben. Hinter den Betrügereien steckte offenbar ein 66-Jähriger: Er vermittelte laut Anklage die Reisen und kassierte dann ab – ohne jedoch die jeweiligen Flüge und Unterkünfte zu buchen. So entstand ein Schaden von über 150000 Euro. Jetzt steht eine Gefängnisstrafe für den Mann im Raum.
Staatsanwalt Martin Neumann bestand gestern während eines einstündigen Rechtsgesprächs auf der hohen Strafe. Hätte sich der Angeklagte auf den Strafrahmen eingelassen, dann wäre der Prozess im Sinne einer Verständigung beschleunigt
Das Geld für Reisen eingesteckt – aber die Gegenleistung blieb aus
Geschäfte liefen offiziell über die eigene Tochter
worden. Jetzt werden die „großen Kanonen aufgefahren“, wie es der Vorsitzende Richter Philipp Meyer formulierte: Über 30 Zeugen müssen geladen werden. Ihre Aussagen vor Gericht dürften mehrere Prozesstage bedeuten.
Die meisten Zeugen sind frühere Kunden des Reisebüros, die zwischen November 2014 und Oktober 2016 auf ihren Urlaubsunterlagen sitzen geblieben sind. Und im Nachhinein viel Ärger hatten. Ob Australien, Neuseeland, Thailand, USA, Mexiko oder Griechenland und Türkei: Der 66-Jährige, der bereits seit Jahrzehnten in der Branche arbeitet, vermittelte die Reisen. Für mehrere Flüge, Pauschalangebote und auch eine Kreuzfahrt soll er laut Anklage der Staatsanwaltschaft Augsburg dann das Geld in Empfang genommen und es für sich genutzt haben, ohne die jeweiligen Buchungen vorzunehmen. In einem Fall buchte er zwar einen Flug, gab dann allerdings für das Lastschriftverfahren ein nicht gedecktes Konto an. Ein anderes Mal soll er fremde Bankdaten an einen großen Reiseanbieter übermittelt haben – die Kontoinhaber wussten nichts davon. Teilweise habe es sich um die Buchenden selbst gehandelt – sie wurden dann doppelt zur Kasse gebeten. Die Anklage lautet auf Betrug in 25 Fällen, der Schaden beträgt rund 155 000 Euro.
Der 66-Jährige hält den „überwiegenden Teil der Vorwürfe“für nicht zutreffend. So formulierte es gestern Rechtsanwalt Werner Ruisinger, der den Mann vor Gericht verteidigt. Teilweise handele es sich auch nicht um Betrug. Ein Beispiel: Für 24 000 Euro hatte der 66-Jährige vor zwei Jahren eine Türkei-Rei- se vermittelt. Die Teilnehmer hätten wegen der aktuellen Krise und Sicherheitsbedenken dann aber kurzfristig storniert. Im Reisevertrag sei laut Anwalt Ruisinger gestanden, dass in diesem Fall 95 Prozent der Kosten zurückbehalten werden. Sein Mandant habe sich durch das Geld keinen Luxus gegönnt, sondern nur andere Löcher gestopft, sagte Werner Ruisinger. Die seien unter anderem durch Forderungen des Finanzamts aufgerissen worden.
Wegen der prekären finanziellen Situation mussten die Geschäfte offiziell über die Tochter des 66-Jährigen laufen. Sie ist wegen Beihilfe zum Betrug angeklagt. Als Inhaberin des Reisebüros hatte sie ihrem Vater vor 2014 eine Generalvollmacht ausgestellt. Staatsanwalt Martin Neumann warf ihr vor, dass sie spätestens 2015 von den „Betrügereien“gewusst haben musste: Damals soll bereits das erste Schreiben eines Anwalts ins Haus geflattert sein. „Sie hätte die Generalvollmacht wiederufen können – und sogar die Pflicht dazu gehabt“, sagte Neumann. Laut Verteidiger Ruisinger hatte die 28-Jährige ihrem Vater mit dem Reisebüro helfen wollen und ihm deshalb freie Hand gelassen. In der Verhandlung vergrub sie ihr Gesicht in ihren Händen.
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Termin Die Hauptverhandlung wurde ausgesetzt. Wann sie fortgesetzt wird, ist noch offen.