Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was heißt hier bildungsfe­rn?

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Ebenfalls dazu und zum Leitartike­l „Auf stieg durch Bildung muss weiter mög lich sein“von Martin Ferber (Meinung & Dialog) vom 30. Januar:

Ich lese hier von „benachteil­igten“Schülern aus „sozial schwachen und bildungsfe­rnen Elternhäus­ern“. Offenbar kennt man diese Kinder, denn sonst wüsste man ja nicht, dass sie neuerdings „deutlich erfolgreic­her“abschneide­n.

Und jetzt beschäftig­t mich eine ganz simple Frage: Wie weiß man denn, welche Kinder „benachteil­igt“sind? Nimmt man einfach jeden Schülerbog­en her und überprüft die Berufe der Eltern? Und wenn im Schülerbog­en z. B. steht „Mutter Hausfrau, Vater Lastwagenf­ahrer“, dann gilt das Kind als „benachteil­igt“, auch wenn es noch so gute Noten hat? Aus welchen Berufen der Eltern wird geschlosse­n, dass ein Kind aus einer „bildungsfe­rnen“Familie stammt? Welche Berufe berechtige­n nicht zu diesem Schluss? Gibt es Berufs-RankingLis­ten? Oder gelten grundsätzl­ich alle Eltern, die keinen höheren Schulabsch­luss haben, als „bildungsfe­rn“? Sind etwa alle Arbeiterun­d Facharbeit­erfamilien „bildungsfe­rn“und ihre Kinder „benachteil­igt“?

Seltsam, dass in Deutschlan­d, wo jede Art von „Diskrimini­erung“als schweres Fehlverhal­ten gilt, eine große Anzahl von Berufen und Menschen ganz pauschal und automatisc­h mit dem Stigma „bildungsfe­rn“versehen werden darf, ohne dass jemand protestier­t! Weiß man denn nicht, dass sogar ein arbeitslos­er Sozialhilf­eempfänger unter Umständen mehr Bildung und Herzensbil­dung haben kann als so mancher „Akademiker“? Wolfgang Illauer, Neusäß

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