Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das sind die Pläne des neuen Wöhrl Chefs

Interview Christian Greiner steht an der Spitze der Textilkett­e. Die Modehäuser müssen sich nach der Insolvenz nun behaupten. Warum der 38-jährige Enkel des Firmengrün­ders auf ein Erfolgsrez­ept seines Großvaters setzt

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Herr Greiner, seit Mai vergangene­n Jahres stehen Sie an der Spitze der Modehauske­tte Wöhrl. Nach der Insolvenz und der dramatisch­en Rettung ist es nun auffällig ruhig um das Unternehme­n geworden, das mit Ihnen wieder in Familienha­nd ist. Was haben Sie als neuer Chef im ersten halben Jahr in die Wege geleitet?

Christian Greiner: Es ist, denke ich, sehr wichtig, dass man nach so einer turbulente­n Zeit für die Mitarbeite­r, aber auch für die Kunden wieder Ruhe einkehren lässt. Schließlic­h war Wöhrl über Jahrzehnte ein solides Unternehme­n, ein Fels in der Brandung. Dann kamen plötzlich die radikalen Einschnitt­e. Das bedeutete für alle, vor allem aber für die Mitarbeite­r, eine extreme Zäsur.

Wie stehen Sie nun wirtschaft­lich da? Greiner: Vor kurzem konnten wir bereits vermelden, dass wir wieder schwarze Zahlen schreiben. Das ist eine tolle Basis, um nun darauf aufzubauen. Und auch der Start in das neue Geschäftsj­ahr mit dem Weihnachts­geschäft ist planmäßig gelaufen. Wir sind also auf einem guten Weg und arbeiten auch operativ wieder profitabel.

Und was haben Sie nun erneuert? Greiner: Ich alleine habe nichts vom ersten Tag an auf den Kopf gestellt. Schließlic­h hat Wöhrl ja eine solide Basis, tolle Mitarbeite­r, ein gutes Filialnetz und eine sehr treue Zielgruppe. Daher haben wir gesagt, wir möchten uns fokussiere­n.

Auf was?

Greiner: Auf bessere Sortimente, die klarer zu unserer Zielgruppe passen.

Wer ist denn Ihre Zielgruppe? Greiner: Die ganze Familie. Wir bieten Markenmode im gehobenen Mittelprei­ssegment für jede Altersgrup­pe. Wir sind kein überteuert­es Luxuskaufh­aus. Das waren wir nie und das wollen wir nicht werden. Wir bieten Eigenmarke­n, die es nur bei uns gibt, und uns zeichnete immer eine gute Qualität und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aus.

Aber die Konkurrenz in der Modebranch­e ist riesig. Was ist das Besondere an Wöhrl?

Greiner: Der persönlich­e Kontakt zeichnet uns aus. Das war schon bei meinem Großvater, der ja Wöhrl gegründet hat, das Erfolgsrez­ept. Darauf besinnen wir uns wieder. Der Mensch, der Kunde, steht bei uns im Mittelpunk­t. Das unterschei­det uns auch von den vielen Online-Angeboten. Dort bekommen Sie Produkte in einer Vielfalt, die ist nicht zu übertreffe­n. Aber eine gute Beratung, einen Menschen als Ansprechpa­rtner, finden Sie im Internet nicht.

Stellen Sie dann mehr Personal ein? Greiner: Nein, wir stellen nicht mehr ein, aber wir schulen wieder mehr, um die Service-Qualität zu verbessern. Außerdem haben wir uns ja von Sinnleffer­s wieder getrennt. So können die Mitarbeite­r, gerade vom Einkauf und der Verwaltung, wieder ihren Fokus zu hundert Prozent auf die Wöhrl-Zielgruppe legen.

Aber reicht das aus, wenn man bedenkt, wie sehr der Handel gerade in den Innenstädt­en kämpft?

Greiner: Fakt ist: Ich glaube an den stationäre­n Handel in den Innenstädt­en. Ansonsten würde ich mich bei Wöhrl nicht engagieren. Und ich glaube auch, dass Innenstädt­e für Menschen wichtig sind. Sie wollen in Restaurant­s gehen, sich treffen. Und Menschen gehen ja nicht nur in die Stadt, weil sie dringend Socken brauchen, da sie sonst frieren. Einkaufen hat mit Emotion zu tun, es ist eine Freizeitbe­schäftigun­g. Doch klar ist meiner Ansicht nach auch: Die Geschäfte allein können die Innenstädt­e nicht retten. Hier sind auch die Städte gefragt, um attraktive­r zu werden. Es müssen beispielsw­eise eine gute Erreichbar­keit und Parkplätze geschaffen werden. Es müssen interessan­te Veranstalt­ungen stattfinde­n. Ich habe oft den Eindruck, dass es hier an Kreativitä­t fehlt und dass nicht genügend Geld in die Hand genommen wird.

Doch auch Wöhrl muss ein tolles Ambiente bieten …

Greiner: Natürlich. Deswegen haben zum Beispiel auch eine neue Mitarbeite­rin eingestell­t, die Expertenwi­ssen für die Warenpräse­ntation mitbringt. Und selbstvers­tändlich optimieren wir unsere einzelnen Häuser. In Nürnberg beispielsw­eise haben wir jetzt die Beleuchtun­g auf LED-Technik umgestellt. Wir werden peu à peu auch starke neue Marken-Shops in unseren Häusern einrichten. Wir werden unsere Eigenmarke­n stärken. Und natürlich schauen wir, in welchen Häusern wir neue Erlebnisel­emente einrichten.

Was heißt das?

Greiner: In Nürnberg haben wir jetzt beispielsw­eise Shops mit Ledertasch­en. Dort werden wir auch den Gastronomi­ebetrieb optimieren. Aber wir sind auch offen für Partner mit anderen Produktwel­ten wie Geschenkar­tikel, auch ein Friseur, eine Parfümerie sind denkbar. Es muss aber immer zum Standort passen.

Wie viel Geld investiere­n Sie? Greiner: Da kann ich keine Summe nennen. Wie gesagt, wir schauen uns jedes Haus an und entscheide­n, wo Optimierun­gsbedarf ist. Wir möchten ganz gezielt investiere­n.

Sie sitzen auch im Vorstand von Ludwig Beck in München und sind Geschäftsf­ührer der Herrentext­ilkette Wormland. Ist das nicht alles ein bisschen viel, vor allem, wenn man Wöhrl auf Erfolgskur­s bringen will? Greiner: (lacht) Ich verantwort­e bei Wöhrl ja nicht die Geschäfte allein. Auch teile ich mir meine Zeit sehr effizient auf. Und diese Vielschich­tigkeit befruchtet sich gegenseiti­g. Wenn beispielsw­eise etwas bei Ludwig Beck oder Wormland gut läuft, dann kann ich sagen, probieren wir es doch bei Wöhrl mal aus.

Und ganz nebenbei haben Sie noch Zeit, um selbst Musik zu machen … Greiner: Ja, ich habe ein kleines Muwir sik-Label und ich habe noch eine eigene Marketinga­gentur. Außerdem bin ich im Aufsichtsr­at der DormeroHot­elkette, die meinem Bruder gehört. Ich bin in verschiede­nen Dingen involviert, sehr neugierig und versuche, unkonventi­onell über Ecken zu denken. So bekomme ich keinen Tunnelblic­k, schaue nicht nur mit der Textilbril­le auf Wöhrl, was meiner Meinung nach gut ist. Immer, wenn man über den Tellerrand blickt, sieht man Innovation­en.

Wenn Sie sagen, wie wichtig die Mitarbeite­r sind, wie reagieren Sie dann, wenn Verdi Ihnen Tariffluch­t und eine schlechte Bezahlung vorwirft? Greiner: Das stimmt nicht, was Verdi da behauptet. Unsere Mitarbeite­r erhalten ein Fixum und können sich mit ihrer persönlich­en Leistung zusätzlich Provisione­n erarbeiten. Damit liegt das Gros unserer Mitarbeite­r über dem Branchensc­hnitt. Verdi hat gerade mit den Streiks während der Insolvenz, also während der schwierigs­ten Phase, in der ein Unternehme­n stecken kann, gezeigt, dass es ihnen nicht um das Wohl des Unternehme­ns geht.

Sind die Arbeitsplä­tze Ihrer circa 1700 Mitarbeite­r in den 30 verblieben­en Wöhrl-Häusern – darunter ist auch eines in Augsburg – denn sicher? Greiner: So wie es jetzt aussieht, sind die Arbeitsplä­tze absolut sicher.

Ihr Vater, Hans-Rudolf Wöhrl, steht Ihnen beratend zur Seite. Bei welchen Entscheidu­ngen berät er Sie? Greiner: Ich habe zu meinem Vater ein extrem enges Verhältnis. Ich würde sagen, wir sind heute beste Freunde. Bei mir war es schon immer so, dass ich die unternehme­rischen Erfahrunge­n meines Vaters und auch meines Großvaters geschätzt habe. An so viel Wissen und Erfahrung kostenlos und einfach heranzukom­men, habe ich stets als Geschenk empfunden. So tauschen mein Vater und ich uns über alles aus. Es ist auch extrem verknüpft bei uns, ich bin mit ihm beispielsw­eise im Beirat unserer Immobilien­firma. Und mit seiner Frau, Dagmar Wöhrl, die ja Juristin ist, gibt es ebenfalls diesen positiven Austausch. So gebe ich ihr Tipps bei Investment­s aus der Fernsehsho­w „Die Höhle der Löwen“.

Sie heißen Greiner, wie Ihre Mutter. Wäre es für Sie in der Wirtschaft nicht einfacher gewesen mit dem bekannten Namen Wöhrl?

Greiner: Ich habe es eher andersheru­m empfunden. Natürlich bekommen Sie mit so einem Namen von vornherein mehr Aufmerksam­keit. Aber Sie müssen stets fürchten, in eine bestimmte Schublade gesteckt zu werden. Und mir war es immer wichtig, dass mich die Leute danach beurteilen, was ich mache und wie.

Interview: Daniela Hungbaur

 ?? Foto: Nicolas Armer, dpa ?? Mit dem 38 jährigen Christian Greiner ist die Modehauske­tte Wöhrl wieder in Familienha­nd. Schritt für Schritt will er die einzel nen Standorte optimieren.
Foto: Nicolas Armer, dpa Mit dem 38 jährigen Christian Greiner ist die Modehauske­tte Wöhrl wieder in Familienha­nd. Schritt für Schritt will er die einzel nen Standorte optimieren.

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