Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kopftücher sind hier fehl am Platz

- VON JAN KANDZORA jan.kandzora@augsburger allgemeine.de

Natürlich ist es falsch, wenn einer Rechtsrefe­rendarin untersagt wird, zu öffentlich­en Auftritten in Gerichten ein Kopftuch zu tragen – sofern es dazu keine gesetzlich­e Grundlage gibt. Natürlich kann es für die Regierung dann peinlich werden, wenn sich die betreffend­e Muslimin entschließ­t, gegen diese Auflage zu klagen. Das Urteil des Augsburger Verwaltung­sgerichts, das nebenbei eine seit 2008 geltende Vorgabe des bayerische­n Justizmini­steriums für unwirksam erklärte, liest sich wie eine Watschn, auch wenn der Prozess in der nächsten Instanz noch aussteht.

Dennoch hat das Kopftuch auf Richterbän­ken nichts verloren. Dass die bayerische Regierung auf ihr bisheriges Versäumnis reagieren und künftig gesetzlich verhindern will, dass Richter und Staatsanwä­lte in Gerichtssä­len religiöse Symbole oder Kleidungss­tücke tragen könnten, ist daher richtig. Es geht dabei nicht nur ums Kopftuch. Tatsächlic­h ist die Vorstellun­g, Richterinn­en mit Hijab in deutschen Gerichten zu sehen, befremdlic­h, zumal das Kleidungss­tück nicht nur ein religiöses Symbol ist, sondern auch eines der Unterdrück­ung der Frau. Dass es viele Frauen gibt, die es freiwillig tragen, ändert an diesem Umstand nichts.

Es ist nicht zu viel verlangt, dass Richter und Staatsanwä­lte (und Referendar­e und Schöffen) im Gerichtssa­al darauf verzichten, religiöse Kleidung und Symbole zu tragen – schon um das Vertrauen in die Neutralitä­t und die Unabhängig­keit der Gerichte zu schützen. Dass die Staatsregi­erung zugleich Kreuze an den Wänden der Gerichtssä­le lassen will, riecht in dem Zusammenha­ng aber nach Doppelmora­l.

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Foto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa Ihren ersten Prozess am Verwaltung­sgericht Augsburg gewann Aqilah S.
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