Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Kopftücher sind hier fehl am Platz
Natürlich ist es falsch, wenn einer Rechtsreferendarin untersagt wird, zu öffentlichen Auftritten in Gerichten ein Kopftuch zu tragen – sofern es dazu keine gesetzliche Grundlage gibt. Natürlich kann es für die Regierung dann peinlich werden, wenn sich die betreffende Muslimin entschließt, gegen diese Auflage zu klagen. Das Urteil des Augsburger Verwaltungsgerichts, das nebenbei eine seit 2008 geltende Vorgabe des bayerischen Justizministeriums für unwirksam erklärte, liest sich wie eine Watschn, auch wenn der Prozess in der nächsten Instanz noch aussteht.
Dennoch hat das Kopftuch auf Richterbänken nichts verloren. Dass die bayerische Regierung auf ihr bisheriges Versäumnis reagieren und künftig gesetzlich verhindern will, dass Richter und Staatsanwälte in Gerichtssälen religiöse Symbole oder Kleidungsstücke tragen könnten, ist daher richtig. Es geht dabei nicht nur ums Kopftuch. Tatsächlich ist die Vorstellung, Richterinnen mit Hijab in deutschen Gerichten zu sehen, befremdlich, zumal das Kleidungsstück nicht nur ein religiöses Symbol ist, sondern auch eines der Unterdrückung der Frau. Dass es viele Frauen gibt, die es freiwillig tragen, ändert an diesem Umstand nichts.
Es ist nicht zu viel verlangt, dass Richter und Staatsanwälte (und Referendare und Schöffen) im Gerichtssaal darauf verzichten, religiöse Kleidung und Symbole zu tragen – schon um das Vertrauen in die Neutralität und die Unabhängigkeit der Gerichte zu schützen. Dass die Staatsregierung zugleich Kreuze an den Wänden der Gerichtssäle lassen will, riecht in dem Zusammenhang aber nach Doppelmoral.