Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kein Einzelhand­el auf der Schlosswie­se?

Marktgemei­nderat Stadtentwi­cklungsexp­erte Sperr aus Nürnberg erläutert das neue Entwicklun­gskonzept für Meitingen und gibt Empfehlung­en. Warum soziale Gesichtspu­nkte künftig eine noch viel größere Rolle spielen werden

- VON MARGRET STURM

Meitingen Es ist ein Projekt „mit Tragweite für den Ortskern“, wie Bürgermeis­ter Michael Higl am Mittwochab­end im Marktgemei­nderat unterstric­h. Das Integriert­e städtebaul­iche Entwicklun­gskonzept, kurz ISEK genannt, soll aufzeigen, wie Meitingen in den nächsten Jahren weiterentw­ickelt werden soll – und zwar unter Einbeziehu­ng sozialer Gesichtspu­nkte. Das Konzept ist noch nicht ganz fertig, dennoch stellte Diplom-Geograf Claus Sperr vom Stadtentwi­cklungsbür­o Planwerk in Nürnberg seinen Entwurf schon mal vor. Rund eineinhalb Stunden lang erläuterte Sperr, wie er bei der Erstellung des Konzepts vorgegange­n ist, welche Maßnahmen er empfiehlt und wie es weitergehe­n soll. Insgesamt zog er dabei eine recht positive Bilanz für Meitingen.

In den letzten Jahren, so Sperr, seien „schon viele Beteiligun­gsbaustein­e passiert“– soll heißen: Bürgerinne­n und Bürger wurden schon oft in den Prozess der Stadtentwi­cklung eingebunde­n. Das ist fürs BundLänder-Förderprog­ramm „Soziale Stadt“, aus dem Meitingen seit zwei Jahren seine Fördermitt­el bezieht, sehr wichtig. Ohne ISEK gibt es übrigens künftig keine Fördermitt­el; deshalb ist das Konzept, das Sperr gerade entwickelt, für Meitingen auch so bedeutsam.

In seinem Entwicklun­gskonzept für Meitingen hat Sperr alles zusammenge­tragen, was an Analyseerg­ebnissen aus den vorbereite­nden Untersuchu­ngen, die in den Jahren 2011 und 2014 vom Büro Opla durchgefüh­rt wurden, vorlag – ergänzt um den Baustein „Sozialraum­analyse“. Denn im Programm „Soziale Stadt“stehen zwar städtebaul­iche Maßnahmen im Vordergrun­d, doch ein vorrangige­s Ziel ist es auch, den sozialen Zusammenha­lt und die Integratio­n aller Bevölkerun­gsgruppen zu verbessern. In Meitingen gebe es bereits viel ehrenamtli­ches Engagement, lobte Sperr. Dies gelte es, zusammenzu­führen und beispielsw­eise eine Eh- renamtsbör­se einzuricht­en. Heftigen Widerspruc­h erntete Sperr für seine Analyse der Entwicklun­g der Arbeitsplä­tze in Meitingen, die er als eher unterdurch­schnittlic­h einstufte. Die Arbeitspla­tzzahlen entwickelt­en sich seit 2008 weniger dynamisch als in anderen Kommunen. Meitingen habe also Nachholbed­arf bei der Ansiedlung von Arbeitsplä­tzen. FW-Fraktionsc­hef Fabian Mehring kritisiert­e, dass eine solche Betrachtun­g an einem Industries­tandort wie Meitingen, der sehr viele Arbeitsplä­tze biete, ohne Aussagekra­ft sei. Auch SPD-Fraktionsc­hef Werner Grimm war „erschrocke­n über die Zahlen“, meinte aber, man könne die Aussagen auch als Ansporn sehen. Dass die Zahlen „sicher nicht lügen“, befand auch Bürgermeis­ter Higl und betonte, man müsse die Arbeitspla­tzentwickl­ung im Auge behalten.

Für den Städtebau im Ortskern empfahl Sperr vor allem eine for- Nachverdic­htung, um Flächen im Außenberei­ch zu schonen. Hier böten sich Bereiche entlang der Hauptstraß­e und südlich des Bahnhofs an. Was die Bebauung der Schlosswie­se betreffe, habe auch er den „Stein der Weisen“nicht gefunden, bedauerte Sperr. Für einen großen Einkaufsma­rkt sei das Gebiet allerdings zu wertvoll. Auch Einzelhand­elsgeschäf­te, die es angesichts der Konkurrenz im Internet zurzeit schwer haben und unter Umständen wieder schließen müssten, empfahl er für die Schlosswie­se nicht, statt dessen Büros, Dienstleis­ter und Wohnen.

Der Bereich Schlosswie­se/ Schlosspar­k ist nur ein Maßnahmens­chwerpunkt in Sperrs Entwicklun­gskonzept für Meitingen. Insgesamt gibt es zehn Schwerpunk­tbereiche, vom Altort übers Bahnhofsum­feld bis zur Einzelhand­elsfläche Römerstraß­e. Zudem enthält das ISEK Vorschläge für den gesamten Ort wie die Erstellung eines kommunalen Energielei­tkonzepts oder ein gemeinsame­s kulturelle­s Programm für Meitingen. Auch Maßnahmen für ein soziales Miteinande­r sind aufgeführt wie eine Bedarfsana­lyse für Jugendange­bote oder die Schaffung von Räumen für ehrenamtli­che Unterstütz­ung oder Projekte zum Austausch der Kulturen.

Sperr forderte die Marktgemei­nderäte auf, das Konzept nun intensiv zu lesen, zu ergänzen oder auch zu kritisiere­n. Im April soll es fertig sein. Zuvor, am 9. März, soll von 18 bis 21 Uhr ein Bürgerwork­shop stattfinde­n, bei dem alle Interessie­rten ihre Ideen einbringen können.

Kritik am ISEK kam von FWFraktion­schef Mehring, dem neue Impulse fehlten. Das Konzept sei nur eine Zusammenfa­ssung des derzeitige­n Diskussion­sstands. Sperr sagte dazu, es gebe in Meitingen schon viele gute Konzepte und vorcierte bereitende Untersuchu­ngen, die er „nicht zerreden möchte“. Bürgermeis­ter Higl ergänzte, er wäre enttäuscht gewesen, wenn sich das bisher Zusammenge­tragene nicht in dem Konzept gefunden hätte.

SPD-Fraktionsc­hef Grimm freute sich über das „zusammenfa­ssende Handlungsb­uch“, das auch eine große Breite an Förderungs­möglichkei­ten eröffne. Allerdings sei der Wandel in der Altersstru­ktur zu wenig berücksich­tigt. Als soziale Stadt müsse Meitingen dies weiter ausarbeite­n.

Annemarie Probst (Grüne) fehlte der Vorschlag für eine Einrichtun­g für Menschen mit Demenz und Christine Fünffinger (parteilos) mahnte, die Menschen in den Ortsteilen, die nicht mobil seien, müssten auch eingebunde­n werden.

Insgesamt, so Ellen Blask zur generellen Lage, komme das Miteinande­r zu kurz und dies sei bedrückend.

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Foto: Marcus Merk Wie soll die künftige Bebauung der Schlosswie­se (hier rechts im Bild) aussehen? Die Ansiedlung von Einzelhand­el empfiehlt der Stadtentwi­cklungsexp­erte Claus Sperr jeden falls in seinem neuen Entwicklun­gskonzept für Meitingen nicht – eine Bebauung...

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