Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Relikt, das keiner braucht?
Es klingt so romantisch: der kleine Laden mitten im Dorf, die freundliche Verkäuferin, das kleine, aber ausreichende Sortiment im Regal. Das waren noch Zeiten, in denen man zu Fuß die Semmeln holte, Milch und Eier direkt vom Bauern und das Schnitzel vom Dorfmetzger. Manch einer sehnt sich nach diesen Zeiten zurück. Die allermeisten aber schwelgen gerne in den Erinnerungen – handeln dann aber komplett gegensätzlich. Sie fahren mit dem Auto am Samstagabend zum Discounter, laden den Wagen voll mit Schnäppchen, zur Gewissensberuhigung gerne auch ein bisschen „Bio“. Der Dorfladen wird links liegen gelassen. Bis er eines Tages schließt. Dann ist die Wehmut groß – und sie ist nicht mehr als Heuchelei.
Aber ist es wirklich so schlimm, wenn es den Dorfladen von einst nicht mehr gibt? Oder ist er nur ein Relikt aus der Vergangenheit, das heute keiner mehr braucht?
Jeder Bäcker, Metzger, Laden, der verschwindet, erschwert gerade älteren Menschen den Alltag. Denen, die nicht mehr so mobil sind, um „mal kurz“ins Gewerbegebiet zu einem der großen Supermärkte zu fahren. Für sie bedeutet das Fehlen eines Geschäftes in der Dorfmitte eine echte Einschränkung, keine Frage. Doch die Verantwortung für die Nahversorgung der Senioren auf einen einzigen Laden in der Dorfmitte zu schieben, ist zu billig. Es liegt – früher, heute und in Zukunft noch viel mehr – auch an den Mitmenschen, die Älteren einzubinden, ihnen zu helfen, sie mitzunehmen, ihnen etwas mitzubringen. In einer alternden Gesellschaft wird das Miteinander immer wichtiger. Ein Dorfladen kann diese Aufgabe nur bedingt übernehmen – und wenn die Vorstellung davon noch so romantisch klingt.