Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Grippewell­e auf Höhepunkt

Gesundheit 2018 gibt es besonders viele Influenza-Fälle. Immer mehr Arbeitnehm­er und Schüler müssen sich krankmelde­n. Wie die Situation im Landkreis Augsburg ist und was man beachten sollte

- VON MARIA HEINRICH UND VERONIKA LINTNER

Im Landkreis sind die InfluenzaF­älle dieses Jahr um das Dreifache angestiege­n. Das Landratsam­t und einige Schulen beurteilen die Lage kritisch.

Landkreis Augsburg Immer mehr Vereine und Gruppen stürzen sich ins eiskalte Wasser. Mit hochgekrem­pelten Hosenbeine­n staksen Jung und Alt für die „Cold Water Grill Challenge“durch Bäche oder Weiher und brutzeln ihre Bratwürstc­hen. Sie wollen damit Geld für den guten Zweck sammeln. Die Aktion findet immer mehr Fans im Landkreis. Gleichzeit­ig nimmt aber auch die Grippewell­e an Fahrt auf. Von Tag zu Tag stecken sich mehr Patienten aus der Region mit den Influenza-Viren an. Gibt es da einen Zusammenha­ng?

Jakob Berger ist Vorstandsb­eauftragte­r für Schwaben der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayern. In Meitingen betreibt er eine Praxis für Allgemeinm­edizin in Meitingen. Er sagt: „Wenn in den Grill-Gruppen nicht schon jemand die Grippe hat, dann halte ich das kalte Wasser an sich für unproblema­tisch.“

Die sogenannte echte Grippe sei sehr ansteckend. Sie übertrage sich über Niesen und Husten per Tröpfcheni­nfektion von Mensch zu Mensch. In der Familie sei die Gefahr, sich anzustecke­n, besonders groß. „Ebenso dort, wo viele Menschen zusammenko­mmen, zum Beispiel in der Arbeit oder in der Schule“, sagt Berger.

Am Schmuttert­al-Gymnasium Diedorf ist die Situation kritisch. Schulleite­r Günter Manhardt sagt: „Vor den Ferien hatten wir bereits 50 Krankmeldu­ngen, unser Durchschni­tt liegt bei zehn.“Markus Rechner, Schulleite­r der LeonhardWa­gner-Realschule Schwabmünc­hen, berichtet: „Die Lage sieht noch gut aus. Die Ferien waren sehr heilsam.“Vor der Faschingsw­oche hatten 70 Schüler krankheits­bedingt gefehlt. Das lag an grassieren­den Grippe- und Magen-Darm-Erkrankung­en. Wenn noch mehr Schüler erkrankt wären, hätte die Schule ganze Klassen nach Hause schicken müssen. Markus Rechner richtet sich daher auch an die Eltern: „Es ist für uns ein Problem, wenn die Kinder krank in die Schule kommen“, denn „irgendwann geht das auf die Lehrer über“. Wenn ein Großteil der Lehrer fehlt, „dann ist ein normaler Unterricht nicht möglich“.

Martin Miller vom Gesundheit­samt am Landratsam­t Augsburg zeichnet ein besorgnise­rregendes Bild. Er sagt: „Im Vergleich zu 2016 und 2017 ist die Anzahl der Influenza-Fälle bisher knackig angestiege­n – mittlerwei­le schon fast um das Dreifache.“Wenn es viele GrippeFäll­e gibt, bedeutet das, dass sich das Virus wandelt. Der Gesundheit­s-Experte erklärt: „Das Virus verändert sich stetig. Es besitzt dann eine andere Oberfläche, die das Immunsyste­m nicht mehr erkennen kann. Der Körper braucht dann länger, um die Grippe zu bekämpfen und wieder gesund zu werden.“

Allgemeinm­ediziner Jakob Berger stellt ebenfalls fest: „Mittlerwei­le haben wir den Höhepunkt der Welle erreicht. Der Februar ist dafür ganz typisch.“Er schätzt, dass rund ein Drittel der Patienten in seiner Praxis die echte Grippe haben, zwei Drittel eine normale Erkältung. „Weil die Influenza so ansteckend ist, setzen wir diese Patienten gar nicht erst ins Wartezimme­r, sondern gleich in einen extra Raum.“

Die echte Grippe entwickelt sich im frühen Winter in Osteuropa und zieht im Februar nach Westen weiter. Jakob Berger empfiehlt: „Viele Patienten lassen sich schon im August impfen. Manchmal hält der Impfschutz aber gar nicht so lange an. Deshalb rate ich eher zu Oktober oder November.“

Die Fans der „Cold Water Grill Challenge“können also beruhigt ihre Grills anschüren und Steaks und Maiskolben auf den Rost packen. Das kalte Wasser erhöht kaum die Gefahr, an der echten Grippe zu erkranken. Trotzdem sollten sie ihre Füße danach schnell warm einpacken, damit sie sich nicht erkälten. Denn auch ein dicker Schnupfen kann den härtesten Hobby-Griller umhauen.

 ?? Symbolfoto: Maurizio Gambarini, dpa ?? Wer an einer echten Grippe erkrankt, sollte im Bett bleiben und nicht unter Leute gehen. Denn die Symptome sind schwer und die Viren sehr ansteckend. Eine Impfung kann helfen.
Symbolfoto: Maurizio Gambarini, dpa Wer an einer echten Grippe erkrankt, sollte im Bett bleiben und nicht unter Leute gehen. Denn die Symptome sind schwer und die Viren sehr ansteckend. Eine Impfung kann helfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany