Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wohin geht die Reise der Fahrradstadt?
hohe Alter der Verstorbenen. Vier der acht ums Leben gekommenen Radfahrer im Präsidiumsbereich waren über 80 Jahre alt. Sechs dieser acht Unfälle sind nach Polizeiangaben von den Radlern selbst verursacht worden.
Insgesamt zeigt die Statistik trotz der tragischen Beispiele eine durchaus positive Tendenz: Die Zahl der Verkehrstoten, in Augsburg so hoch wie zuletzt 2013 und 2008, ist im gesamten Präsidiumsbereich in zehn Jahren um mehr als 50 Prozent gesunken. Es kommt vor allem zu deutlich weniger Toten durch Alkohol am Steuer. In Augsburg gab es 2017 zwar geringfügig mehr Unfälle im Straßenverkehr als im Vorjahr, 10 660 zu 10 621, dafür aber rund 60 Menschen weniger, die sich bei den Karambolagen verletzten.
Die Polizei erfasst zugleich nicht nur die Anzahl der Unfälle, der Verletzten, der Getöteten, sie analysiert die Ursachen der Karambolagen. Hauptursache für Verkehrsunfälle in der Stadt ist laut Statistik fehlender Sicherheitsabstand – zu 42 Prozent aller Unfälle kam es deswegen. 27 Prozent aller Fälle passierten, als Verkehrsteilnehmer abbiegleichsweise gen, wenden oder rückwärtsfahren wollten. 14 Prozent, weil die Vorfahrt missachtet wurde. Vergleichsweise selten krachte es in Augsburg, weil Verkehrsteilnehmer mit zu hoher Geschwindigkeit fuhren, beim Überholen nicht aufpassten oder alauch koholisiert unterwegs waren. Auch das sind Merkmale einer Großstadt mit teils engen Straßen und viel Verkehr, der hohes Tempo oft gar nicht erst zulässt. In ländlicheren Gebieten in Schwaben liegt der Anteil der Unfälle, die aufgrund zu hoher Geschwindigkeit verursacht wurden, weit über dem Augsburger Wert.
Insgesamt betrachtet steigt die Zahl der Unfälle in der Stadt seit Jahren an. Waren es 2008 lediglich rund 8300, erfassten die Polizeibeamten 2017 die angesprochenen 10660. Der Grund dafür ist offenkundig ziemlich banal. Zum einen wächst die Bevölkerung in der Stadt seit Jahren – um mehr als zehn Prozent seit 2008. Zum anderen steigt die Zahl der angemeldeten Kraftfahrzeuge – und das sogar deutlich stärker als die Bevölkerung. Waren es 2008 noch 131000, sind es inzwischen derzeit rund 156 500 Fahrzeuge. »Kommentar und Bayern S. 9
Es gibt einige Zahlen in der Verkehrsstatistik, die auffallen. Eine ist die Anzahl der Menschen, die in Augsburg vergangenes Jahr infolge eines Verkehrsunfalls gestorben sind (sieben), und dabei vor allem aber der hohe Anteil der Fahrradfahrer an dieser Zahl (fünf). Eine wirkliche Erklärung dafür, warum das 2017 so war und in Vorjahren nicht, scheint es nicht zu geben. So erschütternd die Fälle jeweils sind: Tödliche Verkehrsunfälle werden sich wohl nie gänzlich verhindern lassen; man kann nur hoffen, dass der bayernweite Trend anhält und es weiterhin weniger werden. Sieben Verkehrstote in der Stadt sind mehr als in den Vorjahren, eine Tendenz ableiten kann man daraus nicht.
Es gibt zugleich eine andere auffallende Zahl in der Statistik, die sehr wohl eine Tendenz erkennen lässt: Es ist die der angemeldeten Kraftfahrzeuge, wozu auch Autos zählen. Diese Zahl, beziehungsweise die massive Steigerung, ist eher ungünstig für eine Stadt, die sich selbst den Titel „Fahrradstadt“verpassen möchte. Wenn der Anteil des Radverkehrs am Verkehrsaufkommen bis 2020 auf mindestens 25 Prozent steigen soll und die Verlagerungen nicht zulasten des öffentlichen Nahverkehrs gehen sollen, ist eine Schlussfolgerung daraus, dass man die Anzahl der Autos, Motorräder, Lkw und so weiter in der Stadt reduzieren will. Dass das klappt, ist – Stand jetzt – ziemlich unwahrscheinlich. Das Ziel „Fahrradstadt“, so viel lässt sich aktuell sagen, ist auf keinem besonders guten Weg.