Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Oscar für den schwäbischen Handwerker
Porträt Gerd Nefzers Leben schien auf alles andere angelegt als auf den Ruhm eines Effekt-Spezialisten in Hollywood. Und Computer sind bis heute nicht sein Ding
Der eine ist gelernter Landwirt aus Schwäbisch Hall, ein ruhiger Typ. Der andere ist ein Meister der Spezialeffekte und hat für seine Arbeit in Hollywood, am Science-Fiction-Spektakel „Blade Runner 2049“, jetzt den wichtigsten Filmpreis der Welt erhalten. Der eine, das ist Gerd Nefzer, inzwischen 52 Jahre alt, „kein ComputerMensch“, wie er sagt. Der andere, bereits beteiligt an so unterschiedlichen knalligen Filmen wie „Inglorious Basterds“, „Tribute von Panem“und „Grand Hotel Budapest“, auch. Welcher Spezialeffekt den einen in den anderen verwandelt?
Angesichts seiner mit dem Oscar prämierten Leistung könnte man meinen, dass Nefzer ein zentrales Thema geblieben ist: Wetter. Für den Landwirt elementar und genauso wesentlich für die Atmosphäre, die sich Regiestar Denis Villeneuve für „Blade Runner“mit den Starschauspielern Ryan Gosling und Harrison Ford vorstellte. Darum musste der Schwabe nun alle Register ziehen, von leichtem bis dickem Nebel, von Tröpfeln bis Starkregen, von zarten Flocken bis zum Schneesturm. Und dabei halfen ihm ein Metzger und ein Schlosser, ein Bergmann und ein Landmaschinen-Mechaniker. Die arbeiten nämlich in der Firma des auch studierten Agrartechnikers Nefzer. Eine Handwerker-Truppe im hochdigitalisierten, oft nur noch in Effektstudios drehenden Hollywood. Aber wie kommen die nun da hin?
Den Anstoß gab einst der Schwiegervater. Der hatte bereits in den 60ern eine Firma zum Verleih historischer Filmautos gegründet, sich dann auch am Präparieren von Fahrzeugen versucht – und der handwerklich kundige Gerd bastelte mit. Stieg schließlich mit ein: „Nefzer Special Effects“. Über zerschossene Autos für Fernsehserien wie „Wolffs Revier“ging’s zu explodierenden Hubschraubern und ersten Filmen, zu brennenden Häuser und internationalen Anfragen. Inzwischen ist Gerd Nefzer drei Jahrzehnte im Geschäft, seine Firma liegt auf dem Gelände des Potsdamer Studios Babelsberg. Er hat sich mit seiner Arbeit gerade auch im Umschwung der Branche zur bloßen Computerarbeit hin behauptet.
Und während Kulturstaatsministerin Monika Grütters darin ein „wichtiges Ausrufezeichen für den Filmstandort Deutschland“sieht, sagt Nefzer: „Leider ist der deutsche Markt durch die Kürzung der Filmförderung sehr ruhig geworden… Wenn die geringer wird oder wegbleibt, ist das eine Katastrophe. Da verstehe ich unsere Regierung nicht… Wir müssen immer wieder ins Ausland gehen und hoffen, dass wir Aufträge aus dem Ausland bekommen.“Mit dem Oscar dürfte das noch leichter werden. Aber der nächste Hollywood-Film mit Nefzers Mitwirkung läuft ja bereits in unseren Kinos: „Red Sparrows“. Mit Superstar Jennifer Lawrence. Und die hat sich in den vergangenen Jahren ja allein schon zum Special Effect gewandelt. Auch das ist im Bericht zu den Oscars im Feuilleton zu sehen. Wolfgang Schütz