Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wenn jeder Auftritt eine Überraschung ist
Porträt Verena Guschal tanzt den West Coast Swing – und weiß vorher nie, mit wem
Jahren die erste Turnierteilnahme im Boogie Woogie. Ein Jahr später wird sie in den Nationalkader berufen. „Körperlich hat mich das alles sehr gefordert“, sagt sie. Nach einer kurzen Auszeit kommt sie aber dennoch wieder zum Turniersport zurück. Ein Paradoxon, das sich auch Verena Guschal nicht so richtig erklären kann. „Eigentlich bin ich ein sehr schüchterner Mensch, aber beim Tanzen suche ich die Aufmerksamkeit.“
Der West Coast Swing, den Verena Guschal tanzt, ist ein Paartanz auf Popmusik. Ursprünglich entstammt der Tanz aber der Jazz-Szene. Spaß an Harmonie und dem kreativen Austausch von Bewegungsideen sind beim West Coast Swing ausschlaggebend. Es ist ein Tanz, der sich ständig neu entwickelt und immer für eine Überraschung gut ist.
Weil der Partner zugelost wird, weiß die Tänzerin vor Wettbewerben nie, was auf sie zukommt. Das fordert viel Kreativität, Mut und Teamwork. Jeder Tanzpartner fühle sich anders an. Das bedeutet bei jedem Mal eine neue Herausforderung. Gleichzeitig ist Verena Guschal fasziniert von der Freiheit, die der Wettbewerb mit sich bringt. „Ich habe schon Figuren getanzt, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte.“Sich auf den Partner einzulassen und das Beste aus der Situation zu machen, fordert große Flexibilität.
Ein effektives Punktesystem zur Bewertung des Auftritts wie bei klassischen Tanzturnieren, gibt es bei „Jack and Jill“nicht. „Wichtiger ist es, besondere Momente zu schaffen“, sagt Verena Guschal. Auch mit dem perfekten Partner und dem perfekten Musikstück kann vieles schief gehen. Besonders dann, wenn die Erwartungen zu hoch sind.
Beim Swing-Wettbewerb in Budapest hat sich Verena Guschal trotz schwieriger Umstände bis in das Finale getanzt. Ihre Rückenschmerzen blendete sie im Finale einfach aus. „Als ich gehört habe, dass ich in die zweithöchste Kategorie aufgestiegen bin, war die Freude groß“, sagt sie. In Deutschland sind nur vier weitere Tänzer in dieser Kategorie vertreten. „Jetzt habe ich die Chance, bei den nächsten Turnieren aufs Ganze zu gehen und mehr zu wagen“, sagt sie.
Um sich die Teilnahme an den Wettbewerben auf der ganzen Welt finanzieren zu können, unterrichtet Verena Guschal unter anderem auch im Hep Cat Club in Augsburg. Ihr ältester Schüler ist derzeit 73 Jahre alt. „Das zeigt mir, dass das Tanzen jung hält und wirklich jedem Freude bereiten kann“, sagt die 25-Jährige. Ein Leben so ganz ohne Tanz kann sie sich gerade deshalb nicht mehr vorstellen.