Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Raubmord: Zwei Familienväter unter Verdacht
Kriminalität In Bayreuth wird ein 88-Jähriger in seinem Haus überfallen. Wenige Tage später stirbt er. Zwei Männer aus Königsbrunn sind wegen der Tat jetzt angeklagt worden. Auch ein mysteriöser Notruf ist offenbar aufgeklärt
Königsbrunn/Bayreuth Der Mordfall ist zunächst rätselhaft. Am 12. April vorigen Jahres geht bei der Polizei über die 110 ein Notruf ein. Ein Mann meldet sich und teilt mit, dass in der Innstraße in Bayreuth ein alter Mann überfallen und schwer verletzt worden sei. Polizisten eilen zum mutmaßlichen Tatort – und finden dort tatsächlich einen Verletzten. Friedrich K., 88, liegt in seinem Haus auf dem Boden und ist nicht mehr ansprechbar. Wenige Tage später stirbt er im Krankenhaus. Jetzt sind die Ermittlungen in dem Fall abgeschlossen. Nach Informationen unserer Redaktion stehen zwei Männer unter Mordverdacht, beide stammen aus Königsbrunn.
Das Opfer lebte in einer gepflegten Wohngegend in der oberfränkischen Stadt. Friedrich K. wurde, das ergab die Untersuchung seiner Leiche, mehrfach geschlagen. Mindestens zwei Schläge, ausgeführt mit einem Gegenstand, sollen seinen Kopf getroffen haben. Er erlitt dadurch unter anderem eine Hirnblutung und mehrere Knochenbrüche.
Die Verdächtigen, Firat T., 36, und Anton S., 35, haben den Ermittlungen zufolge immer wieder Rentner bestohlen. Sie klingelten demnach an Haustüren, gaben sich unter anderem als Mitarbeiter von Wasserwerken aus und begingen dann Trickdiebstähle. In monatelanger Kleinarbeit ermittelte eine Sonderkommission, wo sich die Männer in den Wochen und Monaten vor der Tat überall aufgehalten hatten. Bei allen anderen Taten sind die Verdächtigen aber offensichtlich nicht gewalttätig geworden. Warum die Situation bei dem 88-Jährigen in Bayreuth so eskalierte, ist unklar.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Bayreuth sicherten die Ermittler in dem Haus des Opfers mehrere DNA-Spuren, die zu den verdächtigen Männern aus Königsbrunn passen. Auch an der Leiche soll zumindest einer der Tatverdächtigen einen genetischen Fingerabdruck hinterlassen haben. Firat T. – er ist verheiratet und hat mehrere Kinder – wurde bereits im Juni vorigen Jahres von einer Spezialeinheit der Augsburger Polizei in Königsbrunn festgenommen. Anton S. – auch er hat eine Partnerin und Kinder – kam erst im August in Haft. Er war erst abgetaucht und hatte sich im baden-württembergischen Mannheim versteckt. Polizisten spürten ihn dann dort auf.
Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die beiden Königsbrunner erhoben. Geplant ist, dass ihnen im Mai vor dem Landgericht in Bayreuth der Prozess gemacht wird. Wie die Tat genau abgelaufen sein soll, konnten die Ermittler bislang nicht klären. Offen ist, ob Friedrich K. niedergeschlagen wurde, bevor die Täter das ge- Haus durchsuchten – oder ob sie den Rentner erst danach attackierten. Den Polizisten bot sich in dem Haus jedenfalls ein chaotisches Bild. Die Haustür stand offen. Sämtliche Schubladen und Schränke waren durchwühlt. Offen ist indes auch noch, ob zwei Täter zugeschlagen haben – oder ob es nur einer war. Die Staatsanwaltschaft geht aber ohnehin davon aus, dass es ein gemeinschaftlich begangener Mord war. Unabhängig davon, wer genau was getan hat. Die Verdächtigen äußern sich zum Tatvorwurf offenbar nicht oder bestreiten ihn. Beide sollen vor der Tat arbeitslos gewesen sein. Firat T. wird von den Anwälten Stephan Lucas und Florian Engert verteidigt. Derzeit gebe er keine Stellungnahme zu dem Verfahren ab, sagte Florian Engert auf Anfrage unserer Zeitung. Beide Angeklagten waren schon länger bei Polizei und Justiz bekannt. Sie sind mehrfach vorbestraft. Firat T., der als Hobbyfußballer bei mehreren Vereinen in der Region kickte, soll vor einigen Jahren auch schon einmal auf dem Fußballplatz durch einen gewalttätigen Zwischenfall aufgefallen sein. Er soll damals einen gegnerischen Spieler mit der flachen Hand so geschlagen haben, dass dieser zu Boden ging.
Die Polizei hatte nach dem Mord intensiv ermittelt. Die Ermittler der Soko „Inn“sicherten in dem Haus mehr als 1000 Spuren, darunter Fingerabdrücke, DNA-Material und Faserspuren. Im Laufe der monatelangen Ermittlungen haben die Besamte amten im gesamten Bundesgebiet mehrere Hundert Personen befragt. Im Mai vorigen Jahres war der Mordfall auch Thema in der ZDFSendung „Aktenzeichen XY“. Auch den mysteriösen Notruf spielten die Ermittler damals öffentlich vor. Den Durchbruch brachten aber schließlich die DNA-Spuren vom Tatort, heißt es bei der Polizei.
Der Notruf, der wenige Stunden nach der Tat gegen 23 Uhr abgesetzt wurde, kam von einem Münztelefon im Bahnhof von Crailsheim (Kreis Schwäbisch Hall). Die Ermittler gehen inzwischen davon aus, dass es einer der Tatverdächtigen selbst war, der – womöglich aus schlechtem Gewissen – die Polizei über den Schwerverletzten informierte. Dem Opfer half das aber nicht mehr.