Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Lara Krause freut sich auf Narben
Theater Die junge Frau macht im Theater Augsburg eine Ausbildung zur Maskenbildnerin. Am Sonntag nimmt sie in Düsseldorf an einem Wettbewerb teil, für den sie ein Monster kreiert hat
Becherweise Pinsel in unterschiedlichen Stärken, Holzköpfe in Reih und Glied, vor allem aber Plastikboxen, die Haarteile und Perücken in allen erdenklichen Variationen enthalten, stehen in den Regalen der Maskenbildnerwerkstatt im Martinipark: „Perücken kunterbunt“, „Haarteile grau“, „Afro“verraten die Schilder, was sich in den Boxen verbirgt. Mittendrin in diesem Sammelsurium an Materialien für Theateraufführungen sitzt Lara Krause, Auszubildende für Maskenbildnerei am Theater Augsburg.
Sie trägt eine rote Schürze, damit nicht auch Pulli und Hose Farbkleckse abbekommen, wie sie ihre Hände schon haben. Auf einem Tisch liegen zwei der Hasenköpfe, die in der „Fatzer“-Inszenierung des Theaters Augsburg zum Einsatz kommen, auf einem weiteren Tisch ein Holzständer mit einem Kopfputz. Über den darf die 22-Jährige im Moment noch gar nicht so viel reden, obwohl er in den letzten Wochen viel ihrer Zeit und Gedanken in Anspruch genommen hat. Es ist ein Probestück für die Deutsche Meisterschaft der Maskenbildner in Ausbildung, die am morgigen Sonntag im Rahmen der „make-up artist design show“in Düsseldorf stattfindet. Als eine von acht Teilnehmern konnte sie sich qualifizieren mit ihrem Entwurf zum Thema „Monster“. Erst am Sonntag um 13 Uhr darf die Kreation der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Das sind die Bedingungen bei diesem Wettbewerb.
Nur so viel kann Lara Krause jetzt schon erzählen: Ihr ging es nicht darum, ein besonders gruseliges, schockierendes, bluttriefendes Monster zu kreieren und sich damit an Vorbildern wie Aliens, Orks und Werwölfen zu orientieren. Das ist für sie zu sehr in der Art von Halloween-Verkleidungen. „Ich wollte kein typisches Monster, sondern habe nach etwa gesucht, das es noch nicht gibt,“sagt die junge Frau und ergänzt: „ein schickeres Monster“. In Düsseldorf wird es nun darum gehen, dass sie ihren Entwurf in 90 Minuten am lebenden Modell fertigstellt. Dass also Kopfputz und Gesicht perfekt miteinander verbunden und Übergänge nicht mehr zu erkennen sind. Hinzu kommt die fantasievolle Schminke für das Gesicht.
Das im vorgegebenen Zeitrahmen hinzubekommen, hat Lara Krause nun viele Male geübt. Denn Routine in ihrem Metier hat sie noch nicht. Erst seit September macht die gebürtige Solingerin ihre dreijährige Ausbildung am Theater Augsburg. Zuvor absolvierte sie eine Friseurlehre – immer noch die beste Vorbereitung auf diesen Beruf, findet sie, obwohl es nicht mehr Voraussetzung dafür ist. „Wer schon mal frisiert oder Perücken geknüpft hat, tut sich leichter“, hat sie die Erfahrung gemacht. Denn der Hauptakzent der Arbeit am Theater liege nun mal auf den Haaren: Perücken und Bärte knüpfen, auch Koteletten. In einer sogenannten Kardätsche liegen gerade ein paar Büschel auf dem Tisch und warten auf Verarbeitung. Kardätschen sind Vorrichtungen aus denen man die Haare einzeln ziehen kann, weil sie zwischen zwei Korkplatten mit feinen Nägeln befestigt sind. „Wichtig ist, dass man nicht die Haarspitzen am Ansatz verknüpft, weil sie sich wegen der Schuppenschicht verhaken würden“, gibt Lara Krause Fachwissen preis.
Im Gegensatz zum Film wird für die Bühne weniger mit Ganzgesichtsmasken und Schaumteilen gearbeitet, „ einfach weil dafür oft die Zeit gar nicht da ist“. Dafür muss im Theater die Schminke dicker aufgetragen werden, weiß Krause. Plakative Farben sind angesagt, um Schauspieler bühnenreif herzurichten, „denn das Licht schluckt und das Publikum ist weiter weg als die Kamera beim Film“. Für Filmarbeiten gibt es mittlerweile sogar spezielle Schminktechniken, hat sie in der Berufsschule gelernt, denn die HD-Technik, die Scharfsicht bis in die letzte Pore bietet, erfordert das. „Da wird Make-up mit Airbrush, einem feinen Sprühnebel, aufgetragen, damit es natürlich wirkt.“
Für Lara Krause ist jedoch das Theater die erste Wahl für ihren weiteren Berufsweg. Ihr gefällt es, nicht nur Masken für die Inszenierungen vorzubereiten, sondern abends dann auch die Vorstellungen zu begleiten, die Darsteller zu schminken und wieder vom Makeup zu befreien. „Was die manchmal über sich ergehen lassen müssen,“wundert sie sich, „meine Haut würde da gar nicht mitspielen“. Bei der nächsten Opernaufführung „La forza del destino“wird sie mit dabei sein. Und sie freut sich schon, wenn sie dann auch eine der vielen Narben, die dabei zum Einsatz kommen werden, modellieren und möglichst nahtlos auf die Körper der Darsteller aufbringen darf. „Narben sind ein ganz besonderes Kapitel in der Maskenbildnerei“, sagt sie.
Für ihre Wettbewerbsarbeit hat sie übrigens darauf verzichtet, so viel sei verraten, schließlich soll es ein schickeres Monster sein, das Krause am Sonntag präsentiert.
Fantasievolle Schminke für das Gesicht