Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was für ein phänomenal irres Buch
Leider muss diese Buchbesprechung scheitern. Der Inhalt dieses Werkes ist schlicht nicht wiederzugeben. Aber, na ja, war vielleicht abzusehen, dass es nach den schon verschroben genialischen Romanen wie „Indigo“und „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“mit dem österreichischen Jungstar Clemens J. Setz mal so weit kommen würde.
Gescheitert ist auch der Versuch von Angelika Klammer, mit dem 35-Jährigen ein Interviewbuch zu machen wie zuvor mit der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller. Mit Setz kam nichts Verwertbares heraus. Stattdessen nun: „Bot – Gespräch ohne Autor“. Bot kurz für Robot, wie die automatisierten Profile im Internet. Heißt: Sie hat die Fragen stattdessen an das digitale Tagebuch des Autors gerichtet. Sie fragt: „Möchten Sie manchmal die Zeit anhalten?“Die Textsuche findet eine Stelle mit passenden Wörtern. Die Antwort also: Ein Nachdenken darüber, wie anders die Welt vor der Erfindung der Zeitlupe gewesen sein mag. Irre? Jawohl! Und phänomenal. Auch, weil so immer wieder aberwitziges Assoziations-Dada entsteht. Aber vor allem, weil Clemens Setz einfach tollstes Zeug denkt, aus Zeitungen sammelt, auf Reisen notiert. Etwa über die Goldene Qualle, die ein Kleid aus Algen trägt und sich allein von deren Photosynthese ernährt. Über blinde Flecken im Gesichtsfeld. Über den kürzesten Science-Fiction-Roman der Welt. Über die Landschaft hinter der Mona Lisa. Na ja, und so viel mehr eben. Wolfgang Schütz