Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was Brauen sagen
Studie Augenpartie beeinflusst Sozialkontakte
York Theo Waigel hat sie buschig der Natur überlassen, andere färben oder zupfen sie in Form. Man kann sie entschlossen zusammenkneifen, freundlich entspannen oder erstaunt hochziehen: So oder so verstärken bewegliche Augenbrauen die Mimik und Ausdrucksfähigkeit des modernen Menschen. Dies könnte einer der Gründe dafür sein, dass Homo sapiens seine sozialen Fähigkeiten im Lauf der Evolution stetig verbessert habe, mutmaßen Forscher der britischen Universität York.
Frühere Menschenarten hatten statt beweglicher Brauen starre Überaugenwülste – und diese signalisierten, so die These der Forscher im Fachblatt Nature Ecology & Evolution, wahrscheinlich Dominanz und Aggression.
Ihre Schlussfolgerung ziehen Ricardo Gondinho und Kollegen, nachdem sie die ausgeprägten Überaugenwülste eines Homo heidelbergensis mit einer 3D-Software genauer untersucht haben. Der 125000 bis 300000 Jahre alte Schädel aus Zaire weist den typischen, über das Nasenbein hinwegreichenden Wulst auf, wie er ähnlich etwa auch bei Schimpansen zu finden ist. Bislang legten Studien nahe, dass die kräftigen Wölbungen wichtig waren, damit diese Nahtstelle zwischen Augenhöhlen und Schädeldecke den Kräften beim Beißen und Kauen standhielt. In den vergangenen 100000 Jahren seien die Gesichter der Menschen zunehmend kleiner geworden, die Stirn veränderte sich und Überaugenwülste wichen kleineren, horizontaleren Brauen. „Moderne Menschen sind die letzten Überlebenden ihrer Gattung. Das hat viel mit unserer Fähigkeit zu tun, große soziale Netzwerke zu bilden“, sagt Ko-Autorin Penny Spikins. „Augenbrauen-Bewegungen erlauben uns, komplexe Emotionen auszudrücken und die Gefühle anderer wahrzunehmen.“