Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Alles Müll oder was?
Fehlwurf Das Volk der Trenner und Sortierer nimmt’s nicht mehr so genau
Also wenn wir Deutschen etwas können – abgesehen vom Elfmeterschießen natürlich –, dann ist es die Mülltrennung. Kaum ein Volk ist so gut sortiert, wenn es darum geht, verschiedene Materialien in unterschiedlichen Behältnissen ihrer Wiederverwertung zuzuführen. Im Wesentlichen lässt sich der deutsche Restmülltrenner in zwei Kategorien einteilen. Da ist zum einen der Überkorrekte, der jeden Joghurtbecher lupenrein auswäscht, strikt zwischen Zeitungspapier und Kartonagen differenziert und den Unterschied von PPT zu PET kennt. Ganz anders verhält sich dagegen der Guerilla-Entsorger, der die angegammelte Pizza gerne samt Karton in die Gelbe Tonne befördert, Plastikflaschen und Tetrapacks für dasselbe hält und ebenso regelmäßig wie ungerührt Grünglas in den Braunglascontainer wirft.
Während der Überkorrekte auf dem Wertstoffhof freundlich per Handschlag begrüßt wird, fällt der GuerillaEntsorger durch Grundsatzdiskussionen mit dem dortigen „Wachpersonal“auf. Für Umwelt und Recycling-Industrie ist dieser Typus ein unkalkulierbares Risiko – zumal er offenbar eine ansteckende Wirkung entfaltet. Der Bundesverband Sekundärrohstoffe (ja, den gibt es wirklich) schlägt jedenfalls Alarm: Die Quote des Mülls, der in der falschen Tonne landet, beträgt allein bei Verpackungsmaterial bis zu 60 Prozent. Wie dramatisch das Problem ist, lässt sich daran erkennen, dass es sogar einen Fachbegriff dafür gibt: Experten bezeichnen die willkürliche Entsorgung als „Fehlwurf“. Am einfachsten zu lösen wäre die Sache natürlich, wenn man möglichst wenig Restmüll produziert. Eine Kollegin probiert es gerade aus. In unserer neuen Serie auf Geld & Leben schreibt sie über ihr „Leben ohne Plastik“.