Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Winterkorn kämpft
Diesel Affäre Wie der frühere VW-Chef sein Ansehen zu retten versucht
Wolfsburg Ex-VW-Konzernchef Martin Winterkorn scheint sich seiner Sache und damit seiner Unschuld sicher zu sein. Im Fall möglicher Schadensersatzansprüche gegen ihn will er ein weiteres Jahr lang keine Verjährung geltend machen. Nach Informationen aus Justizkreisen verlängerte er unlängst den Verjährungsverzicht bis Ende Mai 2019. Laut Aktiengesetz verjähren Ansprüche bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt einer Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren. So rechnet die Frankfurter Allgemeine vor: Damit könnte VW Winterkorn derzeit regulär für Verstöße bis zurück ins Jahr 2008 haftbar machen. Bereits vor drei Jahren habe es aber Berichte gegeben, dass die Entscheidung zum Einbau der Manipulations-Software in DieselFahrzeugen bereits in den Jahren 2005 und 2006 gefallen sei – und zwar in der Motorenentwicklung in der VW-Zentrale in Wolfsburg.
Nach Angaben des niedersächsischen Wirtschaftsministers Bernd Althusmann, der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, sind eventuelle Schadenersatz-Ansprüche im Abgasskandal ein laufendes Anliegen des Kontrollgremiums. Sie würden nicht an der Verjährung scheitern, betonte der CDU-Politiker.
Zuvor war bekannt geworden, dass die US-Justiz Winterkorn wegen Betrugs in der Abgasaffäre zur Rechenschaft ziehen will, in den USA gibt es bereits einen Haftbefehl gegen ihn. Außerdem werfen ihm die Ankläger dort Verschwörung zum Verstoß gegen Umweltgesetze und zur Täuschung der Behörden vor. Volkswagen teilte mit: „Der Aufsichtsrat prüft fortlaufend, ob Schadensersatzansprüche gegen ehemalige oder amtierende Vorstandsmitglieder gesichert und gerichtlich geltend gemacht werden.“In dieser Frage orientiere man sich „einzig und allein“am Unternehmenswohl. Mögliche Ansprüche würden vorbehaltlos und ohne Ansehen der Person geprüft. Im weltgrößten Autokonzern gibt es nach früheren Informationen aus Aufsichtsratskreisen keine zeitlichen Festlegungen zur Aufarbeitung des Diesel-Skandals.
Nicht nur in den USA wird gegen Winterkorn ermittelt. Bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig laufen gegen ihn wie auch gegen den neuen VW-Konzernchef Herbert Diess und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch Untersuchungen wegen möglicher Marktmanipulation, gegen Winterkorn zusätzlich wegen Betrugs. Winterkorn war im September 2015 von seinem Amt als VW-Chef zurückgetreten, kurz nachdem der Abgasskandal mit Millionen manipulierter Dieselautos von US-Behörden und Forschern aufgedeckt worden war.