Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sie macht den Weg fürs Medizinstudium frei
Das erste Aufbau-Jahr der Augsburger Medizinfakultät ist geschafft. Gründungsdekanin Martina Kadmon erklärt Herausforderungen, Ängste und Chancen. Und sie verrät, wie sie Augsburg persönlich sieht
Frau Professor Kadmon, Sie haben einen der schwierigsten Jobs in der deutschen Hochschullandschaft: den Aufbau einer neuen Medizinfakultät an der Universität Augsburg. Wie sind Sie mit den Fortschritten zufrieden, auf einer Skala von 1 bis 100 Prozent? Kadmon: Mit Blick auf die Zufriedenheitsskala würde ich von 80 Prozent sprechen. Persönlich bin ich extrem zufrieden mit dem, was wir im ersten Jahr erreicht haben. Es ist mehr, als wir dachten, erreichen zu können. Das Tempo stimmt und alle ziehen mit.
Was wurde im ersten Jahr des Aufbaus geschafft?
Kadmon: Die ersten 84 Medizinstudenten in Augsburg werden im Wintersemester 2019/20 anfangen. Dafür haben wir jetzt alle Grundsteine gelegt – baulich, im Bereich Professoren und Personal und auch von den Verfahren her.
Was heißt das konkret?
Kadmon: Wir bauen uns als Fakultät gerade selbst auf, konkret das Dekanat und das Studiendekanat. Mit der Studien- und Prüfungsordnung für die Medizinstudenten sind wir in der Abstimmung. Bis zum Sommersemester wird die Zulassungssatzung für Studieninteressenten fertig, die sich in Augsburg bewerben. Auch die Berufungsverfahren für Professoren sind ausgelöst. Für die ersten beiden Neubauten auf dem neuen Medizin-Campus am Klinikum ist der Architektenwettbewerb entschieden. Um den Zeitraum zu überbrücken, bis die ersten Gebäude fertig sind, werden gerade Interimsgebäude umgebaut. Und auch die ersten Forschungsprojekte im künftigen Uniklinikum sind angestoßen.
Was wird Sie nun beschäftigen? Kadmon: Wir brauchen noch die Genehmigung für unseren medizinischen Modellstudiengang von Wissenschaftsministerium und Gesundheitsministerium. Und wir müssen schauen, dass wir die von uns ausgewählten Professoren und Mitarbeiter für Augsburg gewinnen. Der erste klinische Professor, ein Anatom, soll zum 1. September kommen. Weitere Berufungsverfahren laufen. Bis zur ersten Hälfte 2019 wollen wir auch die Lehrstühle für Biochemie, Physiologie, medizinische Psychologie und Soziologie besetzen. Die Grundlagenfächer sind nötig, damit das Medizinstudium starten kann. Die Professoren bringen auch Forschungsleistung an den Standort. Wir suchen noch nach weiteren Interimsflächen für die neuen Forscher. Und es steht der Architektenwettbewerb für die nächsten Forschungsgebäude an.
Zum Stichwort gute Lehre: Was ist da geplant? Kadmon: Auch die Professur für Medizin didaktik wollen wir zeitnah besetzen. Bayern wird dann eine Sonderstellung haben. Es wird das einzige Bundesland mit vier Medizin didaktik professuren an Universitäten sein. Das ist ein Signal. Es zeigt, dass uns eine gute und moderne Ausbildung wichtig ist. Die Qualifikation der künftigen Dozenten beschäftigt uns schon jetzt. Im Juni wird es die erste Veranstaltung zusammen mit Vertretern des Klinikums aus jedem Fachbereich geben. Für den Kick-offh ab eich diek an adischeBil dungs wissenschaftlerin Yvonne Steinert gewinnen können, die in Montreal lehrt. Sie ist eine der weltweit führenden Expertinnen und Experten für die Schulung von medizinischem Lehrpersonal.
Das Verfassungsgericht in Karlsruhe hat 2017 entschieden, dass bis Ende 2019 das Zulassungsverfahren zum Medizinstudium geändert werden muss. Was bedeutet das für Augsburg? Kadmon: Unsere Zulassungssatzung für den ersten Jahrgang der Augsburger Studenten wird auf dem jetzt geltenden Recht basieren. Für weitere Schritte müssen wir die neuen gesetzlichen Regelungen abwarten. Es ist aber schon jetzt so, dass an vielen Universitäten bei der Zulassung von Medizinstudenten nicht nur die Abiturnote gewertet wird, es gibt beispielsweise auch den Medizinertest, den wir voraussichtlich auch haben werden. Dazu wird es noch ein weiteres Zulassungskriterium geben, über das aber noch nicht entschieden ist.
Was könnte das Kriterium sein? Kadmon: Dazu kann ich leider noch nichts sagen.
Ab wann ist eine Bewerbung in Augsburg möglich?
Kadmon: Die Studienplätze in Deutschland werden zentral von der Stiftung Hochschulstart vergeben. Die Bewerbungsfrist fürs Wintersemester 2019/20 wird für Abiturienten des Jahrgangs 2019 der 15. Juli 2019 sein, für Alt-Abiturienten mit Abitur vor 2019 gilt eine Frist bis Ende Mai 2019.
Politisch gibt es viele Wünsche, welche Lehrstühle in Augsburg zuerst kommen sollten, etwa Allgemeinmedizin ... Kadmon: Ich halte Allgemeinmedizin für extrem wichtig, es gibt einen Mangel an Allgemeinärzten. Aber im Moment halten wir uns an die Reihenfolge, die festgelegt wurde, und zwar zusammen mit der Expertenkommission für den Aufbau der Augsburger Medizinfakultät, mit dem Ministerium, der Unileitung und dem Klinikum. Ein guter Start für die Medizinstudenten muss für uns das erste Ziel sein.
Was ist aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung?
Kadmon: Grundsätzlich ist es so, dass Veränderungsprozesse den Menschen Angst machen, uns allen. Deshalb muss dieser Prozess so gestaltet werden, dass insbesondere die darin liegenden Chancen gesehen werden. Organisatorisch geht es darum, dass viele Stränge ineinandergreifen müssen, während wir uns noch selbst als Fakultät aufbauen.
Haben Sie die Unterstützung, die Sie brauchen?
Kadmon: Die Unterstützung ist von allen Seiten wirklich groß. Wir bekommen sehr schnell die nötigen Genehmigungen.
Wie sind Sie persönlich in Augsburg angekommen, fühlen Sie sich hier wohl? Kadmon: Ich bin ein Fan von Städten in dieser Größe. Deshalb mag ich Augsburg und die Altstadt so gerne. Dort wohne ich auch. Ich finde es einfach schön, das Leben in der Stadt zu spüren. Mir gefällt es, wenn ich zu Fuß zu den Freiluftcafés laufen kann. Ich mag Szene-Kinos mit einem guten Programm, auch die gibt es in Augsburg.
Wie viel Zeit lässt Ihnen ihr stressiger Job als Gründungsdekanin für die Familie?
Kadmon: Mein Mann ist je zur Hälfte in Heidelberg und in Augsburg. Er kennt sich in der Stadt schon besser aus als ich. Meine Tochter ist bereits erwachsen und studiert im Ausland. Wir treffen uns an verschiedenen Orten, aber auch sie mag Augsburg gerne. Können Sie sich vorstellen, dauerhaft hierzubleiben?
Kadmon: Mein Vertrag als Gründungsdekanin der Medizinfakultät läuft fünf Jahre. Mein Professorenvertrag gilt auf Lebenszeit. Für mich ist erst mal klar, dass ich hier bin. Ich kann mir aber auch extrem gut vorstellen, hierzubleiben.