Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Adelsried gewandet sich

Mittelalte­r Der Ort feiert nächstes Jahr seinen 1000. Geburtstag. Zu den Festtagen sollen möglichst viele Gäste historisch gekleidet kommen. Deshalb haben neun Frauen jetzt eine Nähstube gegründet

- VON MANUELA BAUER

Adelsried Auf Marianne Meiers Stirn haben sich schon ein paar Schweißper­len gebildet. Kein Wunder: Ihr Hut, die Bluse und das dunkelrote Kleid sind nicht gerade sommerlich­luftig. Aber da muss Meier durch: Schließlic­h ist jetzt Mittelalte­r-Zeit im Adelsriede­r Bürgersaal – ein Vorgeschma­ck aufs Jubiläumsj­ahr 2019. Und ihr Gewand habe schon ganz anderes durchgemac­ht, erzählt Meier. Sie hat es für das historisch­e Fest 2002 in Welden genäht. Damals hat sie 14 Tage lang mit ihrer Volkstanzg­ruppe getanzt – „und sogar die Schuhe haben das alles ausgehalte­n“, erzählt sie und zeigt ihre Füße, die in gebundenem Leder stecken. Nächstes Jahr wird Marianne Meiers Gewand wieder groß zum Einsatz kommen: Dann feiert ihr Heimatort Adelsried seinen 1000. Geburtstag.

Bürgermeis­terin Erna StegherrHa­ußmann erklärt, wie es zu dem Jubiläum kam: Eigentlich sei ja immer die Rede davon gewesen, dass Adelsried schon 1100 Jahre alt sei. Doch als Friedrich Geiger in den Archiven stöberte, um mehr über die Ortsgeschi­chte herauszufi­nden, stellte er fest, dass sich dies nicht belegen lässt. „Sicher ist aber, dass vor genau 1000 Jahren ein Forsthof eingericht­et wurde, um das bewaldete Land urbar zu machen“, erklärt sie – der Geburtstag von Adelsried.

1000 Jahre. Das muss natürlich gefeiert werden. Viele engagierte Adelsriede­r stecken schon mitten in den Vorbereitu­ngen. Der Termin für das große Jubiläumsf­est steht bereits fest: Es wird vom 8. bis 18. August 2019 stattfinde­n und soll eine Zeitreise durch die Dorfentwic­klung werden. Es wird also kein rein historisch­es Fest. „Deshalb gibt es auch keine Kleiderord­nung“, sagt die Bürgermeis­terin. Sie hat aber schon von vielen den Wunsch gehört, dass sie sich zu diesem Anlass historisch gewanden wollen – und jetzt gibt es die Nähstube, die dabei hilft.

Conny Löschke, Marianne Meier, Evi Jokel, Sylvia Ohnheiser, Claudia Erika Stadler, Gisela Stiegelmei­er, Melanie Görgey-Fidler und Cornelia Emmert haben sie gegründet. Gestern stellten sie ihr Angebot vor – natürlich schon passend gekleidet. Die Frauen wollen helfen, dass möglichst viele Menschen nächstes Jahr in historisch­en Kleidern feiern können. Sie haben Stoffe und Schnitte besorgt und beraten beim Nähen. Man kann sogar vor Ort werkeln: Es gibt drei Nähmaschin­en, und man kann auch seine eigene mitbringen. Denn in der Gruppe nähen macht nicht nur mehr Spaß, da erfährt man auch allerlei Tipps und Tricks.

Angst vor dem Selbermach­en müsse niemand haben, findet Conny Emmert: „Es gibt ganz einfache Kleider, für die man nur ein paar Nähte braucht“, erzählt sie. Und teuer werde es so auch nicht: Für ihr Kleid mit Bluse und Haarkranz habe sie gerade mal 28 Euro für den Stoff ausgegeben. Wer sich das alles nicht zutraut, für den haben die Frauen ebenfalls ein Angebot: In der Nähstube kann man auch fertige Kleidung anprobiere­n und bestellen oder individuel­le Gewänder bei einer Schneideri­n ordern.

Falsch machen könne man bei seinem Jubiläumsg­ewand eigentlich nichts, sagt Conny Emmert: „Wir haben uns nicht auf eine Epoche festKramer, gelegt, das Fest wird ja eine Zeitreise.“Friedrich Geiger und Erna Stegherr-Haußmann ist aber wichtig, nicht zu vergessen, dass das Mittelalte­r keine sonderlich schöne, sondern vor allem eine sehr arme Zeit war, in der die Menschen geplagt waren von Krankheite­n und Hungersnöt­en. „Man verklärt das Mittelalte­r heutzutage immer ganz gern“, sagt die Bürgermeis­terin. Bratwürste und Pommes wie auf heutigen Mittelalte­rfesten gab es damals zum Beispiel nicht: Die Kartoffel kam erst viel später nach Deutschlan­d, Fleisch gab es ganz selten. Hauptnahru­ngsmittel waren Milch und Getreide. Auch die Kleidung war meist wenig prächtig. Auf dem Land trugen die Menschen einfache Leinen- und Wollkleidu­ng. Nur die Patrizier und reichen Kaufleute hüllten sich in Samt, Seide und Brokat. In Adelsried kann sich jeder aussuchen, in welche Rolle er schlüpfen will: Die Damen von der Nähstube haben einfache Magdgewänd­er genauso im Angebot wie prächtige Kleider mit Samt und Hut.

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Die Nähstube ist ab Donnerstag, 7. Juni, geöffnet – und zwar alle zwei Wochen montags von 9 bis 12 Uhr und donnerstag­s von 17 bis 20 Uhr. Sie be findet sich im Untergesch­oss des Rathau ses. Die Termine in diesem Monat:

7., 11., 14., 25. und 28. Juni.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? In der Nähstube zum 1000 jährigen Bestehen von Adelsried begutachte­n (von links) Sylvia Ohnheiser, Cornelia Emmert, Claudia Kramer, Gisela Stiegelmei­er und Lena Ohn heiser historisch­e Gewänder.
Foto: Michael Hochgemuth In der Nähstube zum 1000 jährigen Bestehen von Adelsried begutachte­n (von links) Sylvia Ohnheiser, Cornelia Emmert, Claudia Kramer, Gisela Stiegelmei­er und Lena Ohn heiser historisch­e Gewänder.

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