Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wer wird hier noch landen?
Militär Die Bundeswehr steht vor zwei Weichenstellungen für den Standort Lechfeld: Wer soll hier fliegen und wie stark wächst der Ausbildungsbetrieb? Nachbargemeinden werden die Folgen merken
Lechfeld Während die benachbarten Gemeinden über die Lärmschutzzonen rund um den Fliegerhorst debattieren, wartet der Bundeswehrstandort Lechfeld auf zwei wichtige Weichenstellungen. Das ist auch für die Nachbarschaft bedeutsam: Was wird hier künftig fliegen? Und wie laut? Wie entwickelt sich der Standort als regionaler Wirtschaftsfaktor, wenn mehr Soldaten und Lehrgangsteilnehmer hier eintreffen?
Derzeit gibt es mehr Fragen als Antworten. Doch noch in diesem Jahr – so der aktuelle Zeitplan – wird entschieden, ob tatsächlich 13 bestellte Transportflugzeuge vom Typ A400M nach ihrer Fertigstellung am Lechfeld stationiert werden. Ebenfalls noch in diesem Jahr erwartet Oberst Dirk Niedermeier die Entscheidung, ob das komplette Technische Ausbildungszentrum der Luftwaffe von Kaufbeuren nach Lechfeld verlegt wird. Er ist seit Januar Kommandeur dieser Einrichtung und zugleich sogenannter Standortältester am Lechfeld – also oberster Repräsentant der Lechfeldund der Ulrichkaserne.
Hintergrund einer Nachfrage unserer Zeitung: Jüngst hat die Bundeswehrführung mitgeteilt, dass der Prozess der Standortschließungen gestoppt oder zumindest verlangsamt werde (wir berichteten). Denn die Truppe wächst wieder – muss wachsen. Zu stark war die Schrumpfung in den 1990er Jahren, als der Eiserne Vorhang gefallen war und in Deutschland die Landesverteidigung an politischem Stellenwert eingebüßt hatte. Zwischenzeitlich ist die Welt jedoch keineswegs besser geworden, und die Anforderungen an die Bundeswehr steigen wieder. Deutschland investiert entsprechend.
Das betrifft auch den Standort Lechfeld. Die Personalstärke nimmt wieder zu. Die Ulrich- und die Lechfeldkaserne tun sich dabei als bedeutsame Ausbildungsstätten hervor. Gleich mehrere Einrichtungen gibt es hier. Oberst Niedermeier geht in diesem Zusammenhang jedoch ausdrücklich auch auf den Fliegerhorst ein: „Wir haben hier einen Flugplatz, und hier wird auch künftig geflogen werden.“
Seit der endgültigen Auflösung des Jagdbombergeschwaders 32 Anfang 2013 dient der Platz als Ausweichflugplatz und als Ziel von Verlegeübungen. Ob hier in einigen Jahren tatsächlich A400M stationiert werden, ist noch offen.
Als Hauptbasis dieser Militärtransporter werden die ersten 53 neuen Maschinen in Wunstorf bei Hannover stationiert. Weitere 13 sollten zunächst an andere Länder weiterverkauft werden. Seit vorigem Jahr steht fest, dass auch sie von der Bundeswehr eingesetzt werden sollen – möglicherweise im Rahmen multinationaler Einsätze.
Wie berichtet galt das Lechfeld bereits damals als einer von zwei Favoriten bei der Standortauswahl. Aber es bestand noch kein Entscheidungsdruck, weil diese Transporter erst Mitte der 2020er Jahre ausgeliefert werden. Doch allzu lange kann sich die Bundeswehrführung die Entscheidung nicht offen lassen. Denn die Infrastruktur des Platzes muss für den Betrieb so großer Airbus-Flugzeuge angepasst werden.
Der Fliegerhorst Lechfeld habe zumindest einen Teil der Qualifikationsnachweise längst erbracht, hieß es schon im Vorjahr. Rollwege und Landebahnen wurden erst vor wenigen Jahren für alle Bedarfsfälle aus- Schon jetzt verfügt der Fliegerhorst zudem über sehr tragfähige Stellplätze, die bereits einige Transporter aufnehmen könnten.
Darauf angesprochen nennt Oberst Niedermeier deutliche Vorzüge, die das Lechfeld auch als einen Lufttransportflugplatz geeignet erscheinen lassen. Die gute Verkehrsanbindung über die B17 und den eigenen Gleisanschluss zum Beispiel: „Wenn man etwas transportieren soll, muss man dazu auch anfahrbar sein.“Ebenso die geografische Lage im Süden Deutschlands: „Flüge in südliche Richtung verkürzen sich ab hier gegenüber Wunstorf um eine Stunde.“
Auch wenn es der Kommandeur nicht selbst anspricht: Ein weiterer Aspekt ist die Akzeptanz in der Bevölkerung. Denn Transportflüge gelten landläufig als weniger belastend als anderes Fluggerät. Das trefgebaut. fe speziell auf den A400M tatsächlich zu, bestätigen Experten. Die bauliche Entwicklung der Lechfeldgemeinden zeigt, dass dem Lärmschutz zunehmende Bedeutung zukommt. Flugbetrieb und entsprechende Lärmschutzzonen würden sie weiter räumlich einengen.
Doch auch Soldaten brauchen Wohnraum außerhalb der Kasernen. Und sie bringen Wirtschaftskraft in die Region. Damit geht es um das Thema Personalstärke. Doch auch bei der Verlegung des Technischen Ausbildungszentrums von Kaufbeuren ans Lechfeld stehen noch letzte Entscheidungen aus. Es brächte Stammpersonal und Lehrgangsteilnehmer mit.
Der aktuelle Zeitplan sieht vor, den Umzug bis 2024 abzuschließen. Offen ist jedoch eine wichtige Frage: Soll die Bundeswehr die technische Ausbildung am Eurofighter privatisieren? In diesem Fall müssten die entsprechenden umfassenden Einrichtungen nicht umgesiedelt werden, sondern könnten in Kaufbeuren bleiben. Andernfalls müssten Simulatoren am Lechfeld aufgestellt und Hörsäle errichtet werden. Bis Jahresende, so hofft Oberst Niedermeier, werde die weitere Entwicklung am Standort Lechfeld auch in diesem Punkt klarer sein.