Augsburger Allgemeine (Land Nord)
FPÖ greift Medien an
Journalisten in Österreich wehren sich
Nach dem Motto „Wehret den Anfängen“haben Chefredakteure von fünf österreichischen überregionalen Zeitungen und Zeitschriften auf Aussagen des FPÖ-Innenministers Herbert Kickl reagiert. In Kurier, Die Presse und Der Standard sowie in den Magazinen Profil und News sind in den vergangenen Tagen Leitartikel zur Verteidigung der Pressefreiheit gegen die rechtspopulistische FPÖ erschienen. „Nachtigall, ick hör’ dir trapsen“, warnte Presse-Chefredakteur Rainer Nowak. Auslöser der konzertierten Aktion war ein ORF-Interview Kickls. Auf eine Frage zur öffentlichen Kritik an einer Razzia beim Verfassungsschutz behauptete er, daran seien die Medien schuld: „Dort, wo nämlich Verunsicherung betrieben wird, das ist nicht das Innenministerium…, sondern das sind selbst ernannte Aufdecker, das sind gewisse Medien, die sich jeden Tag darum bemühen, irgendwelche Dinge, die als geheim eingestuft sind … in die Öffentlichkeit zu bringen, und dort irgendwelche, sagen wir sehr, sehr unvollständigen Darstellungen des tatsächlichen Sachverhalts zu geben.“
Nowak sieht darin zwar noch keinen Anschlag auf die Pressefreiheit, jedoch die subtile Drohung, in Redaktionen Hausdurchsuchungen durchführen zu lassen und den Informantenschutz zu brechen. In Sicherheitskreisen kursieren zudem Gerüchte, dass Telefone von Journalisten überwacht würden.
Vonseiten der FPÖ häufen sich die Attacken auf die Pressefreiheit. Susanne Schnabl, die für das ORFFernsehmagazin
„Report“Kickl interviewte, wurde im obersten ORF-Aufsichtsorgan von einem FPÖ-Vertreter vorgeworfen, sie habe Respekt und Höflichkeit ver- missen lassen. In derselben Sitzung des ORF-Stiftungsrates war kürzlich eine SocialMedia-Richtlinie für Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders Thema. Mitarbeitern sollten „auch im privaten Umfeld“Äußerungen in den sozialen Medien verboten werden, die als Zustimmung, Ablehnung oder sonstige politische Positionierung verstanden werden könnten.
Das war selbst dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz von der ÖVP zu viel. Er sei „mehr als überrascht“von dem Vorhaben seines Koalitionspartners FPÖ, sagte er. „Ich halte die Meinungsfreiheit für ein sehr hohes Gut.“Der auch in Deutschland bekannte ORF-Moderator Armin Wolf twitterte: Seine politische Position sei recht schlicht – er sei für Menschenrechte und dagegen, Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Er sei für Fakten und gegen Unwahrheiten im demokratischen Diskurs. „Ansonsten: Skeptisch-interessiert & militant unabhängig.“Die FPÖ hält die ORF-Berichterstattung über sich für zu kritisch. Deshalb hat sie unter anderem auf den Hardliner Norbert Steger als Vorsitzenden des Stiftungsrates bestanden. Das Kontrollgremium bestellt den Generaldirektor und genehmigt Budgets. Fast alle seiner 35 Mitglieder lassen sich Parteien zuordnen.