Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Immer mehr in ihrer eigenen Welt
Mordprozess Wie psychisch krank ist die Frau, die ihren Freund mit heißem Wasser tötete?
Ingolstadt Wann wird ein Mensch unerreichbar für andere? Wann wird eine dem Partner unterstellte, nach übereinstimmenden Aussagen der Zeugen aber nicht existente Affäre im Kopf so real, die Eifersucht so schlimm, dass man den Freund mit zehn Liter kochend heißem Wasser überschüttet und tötet? Und ist die 57-jährige Angeklagte, um die es geht, da psychisch schon so krank, so im Wahn, dass sie strafrechtlich schuldunfähig ist?
Darum geht es in dem Prozess, der am Mittwoch am Landgericht Ingolstadt fortgesetzt wurde. Wegen Mordes muss sich eine Verkäuferin aus dem Landkreis Pfaffenhofen verantworten. Im Oktober vergangenen Jahres war der 47-jährige Freund der Frau gestorben, nachdem sie ihn nachts tödlich verbrüht hatte. Die Frau hat die Tat gestanden, bestreitet aber, dass sie ihren Partner umbringen wollte. Einen „Denkzettel“habe sie ihm verpassen wollen, das ja. Töten: nein. So hatte es ihr Verteidiger erklärt.
Sie selbst schwieg auch am Mittwoch weitestgehend. Dafür sagten viele Zeugen, die die beiden sehr gut kennen, aus. Und alle sagten übereinstimmend: Eine Affäre hat es nie gegeben. Das bestreitet die Bekannte der Angeklagten, von der sie glaubt, sie sei mit ihrem Partner intim gewesen. Das bestreiten sein Bruder und ein knappes Dutzend weiterer Personen aus dem näheren Umfeld der beiden. Zugleich bestätigen alle dahingehend befragten Zeugen, dass sie sich zunehmend verbohrt habe, immer unzugänglicher geworden sei. Eine Freundin beschrieb ihren psychisch immer bedenklicher erscheinenden Zustand so: „Sie kam aus ihrer Welt nicht mehr heraus.“Ständig, so sagten andere, habe sie ihren Freund kontrolliert, habe sie gemeint, Beweise für ihre Betrugstheorie gefunden zu haben. Und: Die Angeklagte habe nicht nur mehrmals gedroht, sich etwas anzutun, sondern auch ihrem vermeintlich untreuen Partner. Gab es also doch einen Tötungsvorsatz? Entscheidend wird der kommende Montag. Dann wird das psychiatrische Gutachten vorgestellt, das ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit und damit ihre Schuldfähigkeit bewertet.