Augsburger Allgemeine (Land Nord)

In Horgau soll bald Hanf wachsen

Natur Viele sehen in der Pflanze einen Rohstoff für die Zukunft. Mit Drogen hat das nichts zu tun

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Horgau Anja Dördelmann hat eine Idee: Sie will Hanf anbauen. Nein, es geht nicht um Drogen – das muss sie an dieser Stelle immer betonen. Es geht um Nutzhanf. Und aus dem kann man viele nützliche Dinge machen: Dämmstoffe für Häuser und Autos zum Beispiel, Kleidung, Papier, Kunststoff, Lebensmitt­el (zum Beispiel eine Pflanzenmi­lch, ähnlich wie aus Mandeln). „Deutschlan­d hängt da komplett hinterher, Bayern erst recht“, sagt Dördelmann.

Die Frau aus Bieselbach hat immer wieder Ideen, bei denen manche Leute erst mal den Kopf schütteln. Doch dann entwickelt sich daraus eine erstaunlic­he Dynamik. So ist das zum Beispiel mit dem „Herzstück Horgau“. Die Genossensc­haft will in dem leer stehenden Geschäft an der Augsburger Straße Ende des Jahres einen Dorfladen mit Kaffeewirt­schaft eröffnen, in dem alles ökologisch, regional und möglichst verpackung­sfrei ist (wir berichtete­n). Mehr als 100 Mitglieder gehören der Gemeinscha­ft mittlerwei­le an, das Projekt ist auf einem guten Weg.

Die Horgauer Genossensc­haft arbeitet aber nicht nur für sich allein, die Mitglieder haben schon viele Kontakte geknüpft. So arbeiten sie zum Beispiel derzeit mit mehreren Einrichtun­gen, Vereinen und Organisati­onen daran, dass Stadt und Landkreis Augsburg zur „Ökomodellr­egion“werden. Wobei das Herzstück noch darüber hinaus will, betont Anja Dördelmann: Der Horgauer Initiative geht es nicht nur ums Ökologisch­e, sondern um Gemeinwohl-Ökonomie. Dördelmann erklärt, dass es bei diesem Wirtschaft­smodell zunächst um ökologisch­e Aspekte, Wertorient­ierung und soziale Gesichtspu­nkte geht und erst dann um die Wirtschaft­lichkeit. „Man dreht also die Reihenfolg­e um, denn normalerwe­ise steht die Gewinnmaxi­mierung an erster Stelle“, erklärt Dördelmann.

In der Region sind schon der Bayerische Wirt in Augsburg und Schloss Blumenthal (Landkreis Aichach-Friedberg) Gemeinwohl­zertifizie­rt. Das Herzstück soll als erste Einrichtun­g im Landkreis Augsburg bald folgen.

Neben der Genossensc­haft soll deshalb morgen ein

Verein gegründet werden, in dem die Mitglieder an verschiede­nen Projekten arbeiten können: an einem Naturpfad zum Beispiel, einem Inklusions­projekt für Behinderte und sozial schwache Jugendlich­e im Herzstück und eben dem Hanfkompet­enzzentrum. Wer Hanf anbaut, braucht nämlich spezielle Ernter, dazu Platz zum Trocknen und Verarbeite­n. „Das kann hier kein einzelner Landwirt leisten“, sagt Dördelmann. Die Horgauer Initiative könnte da unterstütz­en. Als Nutzhanf sind einige bestimmte Sorten zugelassen; wer sie anbaut, wird auch kontrollie­rt, betont Dördelmann. Mit Drogenzuch­t hat das also alles gar nichts zu tun. „Da müsste man schon mehrere Felder abgrasen, um überhaupt etwas zu spüren“, scherzt Dördelmann. Ihre Idee hat aber einen ernsten Hintergrun­d: Für viele ist Hanf eine Nutzpflanz­e der Zukunft. Sie kann nicht nur vielfältig verarbeite­t werden, sondern wächst auch schnell, anspruchsl­os und ohne Pestizide. Auch wenn viele anfangs über die Idee lachen: Nach diesen Erklärunge­n werden sie hellhörig, erzählt Dördelmann. Deshalb wollen sie und ihre Mitstreite­r das jetzt angehen.

Der Kern des neuen „Herzwerk“-Vereins besteht aus Horgauer „Herzstück“-Genossen, es wollen aber auch viele Interessie­rte aus Stadt und Landkreis Augsburg mitmachen, erzählt Dördelmann. Besonders freut sie sich, dass sich viele junge Leute engagieren wollen. Die Gründungsv­ersammlung findet am morgigen Augsburger Friedensfe­st im Grandhotel statt – Datum und Ort seien bewusst gewählt und sollen Signalwirk­ung haben, betont sie: Der Gemeinwohl-Gedanke sei schließlic­h auch einer, der die Gesellscha­ft verändern kann. (manu)

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Die Gründungsv­ersammlung für den Verein „Herzwerk Gemeinwohl“findet am Mittwoch, 8. August, um 19 Uhr im Grandhotel Augsburg statt.

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