Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Schluss mit der Mär vom muffligen Tramfahrer
Augsburg auf Achse Maria-Magdalena Mus steuert täglich Busse und Straßenbahnen durch die Stadt. Was sie an ihrem Job mag und warum sie und ihre Kollegen manchmal Fahrgästen vor der Nase wegfahren müssen – Serie (Teil 1)
Wenn Maria-Magdalena Mus Feierabend hat, dann hat sie in den Stunden zuvor eine Strecke von bis zu 120 Kilometern zurückgelegt – alles in Augsburg, alles auf einer Busoder Straßenbahnlinie. Die 22-Jährige ist Bus- und Straßenbahnfahrerin bei den Stadtwerken. Je nach Linie dauert es zwischen 20 und 40 Minuten, bis eine Tram von Endstation zu Endstation gefahren ist – nach einer kurzen Pause geht es dann wieder zurück.
Langweilig, sagt Mus, wird es ihr aber nicht. „Man muss mit hoher Konzentration fahren, bei der Straßenbahn ganz besonders. Wo man als Autofahrer fast unbewusst mal einen halben Meter zur Seite fährt, weil jemand gerade ausparkt, muss man als Straßenbahnfahrer bremsbereit sein. Ausweichen geht ja nicht“, sagt Mus. Immer müsse man auf dem Führersitz der Tram mitdenken, was der Verkehrsteilneh- mer vor einem als nächstes vorhaben könnte.
Es ist gegen 12.30 Uhr, als Mus an diesem Tag Feierabend macht. Allerdings war sie schon um 4 Uhr morgens im Straßenbahnbetriebshof in der Baumgartnerstraße, um ihre 43 Tonnen schwere Combino-Tram kurz zu inspizieren und dann auszurücken. Je nach Linie und Richtung startet der Betrieb am Königsplatz ab
4.30 Uhr, die letzte
Tram rückt gegen
1 Uhr nachts im
Depot ein. „Ich bin ein Frühaufsteher, drum trage ich mich bei den Dienstwünschen meist für die Frühschicht ein.“Dann klingelt der Wecker zuhause in Todtenweis (Landkreis Aichach-Friedberg) schon um 3 Uhr.
Für Mus ist es, wie sie sagt, ein Traumjob. „Ich bin als Kind schon mit Bus und Straßenbahn gefahren. Dass ich selber Gefährte mit so vielen Tonnen fahren werde, hätte ich nicht gedacht.“2013 startete sie ihre dreijährige Ausbildung bei den Stadtwerken zur „Fachkraft im Fahrbetrieb“, wie der Beruf offiziell heißt. Etwa 500 Fahrer arbeiten bei den Stadtwerken.
Zum Steuern des Fahrzeugs durch den dichten Verkehr („Das ist für uns Alltag“) kommt noch die Kommunikation mit Fahrgästen, die eine Fahrkarte kaufen möchten oder eine Frage haben. „Ich bin gerne hilfsbereit, wenn ich freundlich gefragt werde“, sagt Mus, angesprochen auf das Image vom ewig muffligen Fahrer. Und dann muss Mus auch noch den Fahrplan im Auge behalten: Auf einem computergesteuerten Display wird den Fahrern angezeigt, ob sie gerade im Fahrplan sind oder zu früh oder zu spät dran sind.
Der Fahrplan, der seit der Einführung von vorranggesteuerten Ampeln und eigenen Gleistrassen vor einigen Jahrzehnten beschleunigt wurde, ist übrigens auch der Grund, warum Fahrgäste manchmal nicht mehr in die abfahrbereite Straßenbahn oder Bus einsteigen dürfen. Mit Wurstigkeit oder gar bösem Willen von Fahrern habe das nichts zu tun, so Mus.
Wenn Fahrgästen die Tram vor der Nase wegfährt, gehe es vorrangig auch gar nicht um die Zeitersparnis von vielleicht zehn Sekunden, die das Öffnen und Schließen der Türen benötigen würde. „Der eigentliche Punkt sind die Ampelphasen“, so Mus. An vielen Ampeln bei Haltestellen bekommen die Fahrer angezeigt, wann sie die Türen verriegeln sollen, damit sie bei der nächsten Grünphase über die Kreuzung kommen. „Verpassen wir die Grünphase, steht die Straßenbahn – und auch alle anderen Fahrgäste – je nach Kreuzung auch mal eine Minute“, so Mus. Dies müsse man bei der Entscheidung, ob man noch jemanviel den in letzter Sekunde zusteigen lässt, berücksichtigen.
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Serie In unserer Sommerserie beglei ten wir Augsburger, die beruflich viel in der Stadt unterwegs sind. Sie berichten uns, was ihnen gefällt und was weni ger.