Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Rushhour in Hiltenfingen
Grenzgänger Die Landwirte sind wegen der heißen Temperaturen bis spät am Abend auf den Feldern unterwegs. Von geheimnisvollen Karten und einem Geschäft im beschaulichen Schwabaich, das in ganz Süddeutschland bekannt ist
Landkreis Gleich zu Beginn sollte der schönste Teil dieser Etappe anstehen: von Hiltenfingen in Richtung des beschaulichen Langerringer Ortsteils Gennach. Mitten hindurch zwischen meterhohen Maispflanzen, unterbrochen von saftigen Wiesen und herrlichen Weizenfeldern. Doch mit der Ruhe ist es bereits nach wenigen Metern vorbei: Der erste Traktor kommt dem „Grenzgänger“auf dem schmalen Weg entgegen. Kurz danach noch einer, der dritte Traktor fährt in die entgegengesetzte Richtung. Rushhour während der Mittagshitze im Süden des Landkreises.
Ein älterer Herr aus Hiltenfingen steht am Wegesrand und blickt gespannt auf ein Feld. Ein vierter Traktor ist dort unterwegs und presst große quaderförmige Strohballen. „Ich interessiere mich für die Landwirtschaft; aber Landwirt bin ich keiner“, sagt der Hiltenfinger. Er beobachtet das Fahrzeug, das Runde um Runde dreht. „Der ist ganz schön schnell“, sagt er und nickt anerkennend.
Alles andere als schnell geht es zu Fuß weiter Richtung Gennach. Nach wenigen Hundert Meter ist der Weg versperrt; ein Schwabmünchner Landwirt im Nebenerwerb, Stefan Klein, sitzt in seinem Mähdrescher und manövriert diesen zentimetergenau an die richtige Stelle. Riesige Staubwolken wirbeln auf, während er entlang des Getreidefeldes fährt. Mit seinen Helfern holt Klein gerade den Winterweizen ein. „Einige Wochen früher als sonst“, erklärt der Landwirt. In den vergangenen Wochen sei es viel zu trocken gewesen. Sieben bis acht Hektar werden pro Tag gedroschen, bis 23 Uhr dauert deshalb sein Arbeitstag.
Viel Zeit für ein Schwätzchen bleibt also nicht. Das Thermometer zeigt Werte oberhalb der 30-GradMarke, eine Abkühlung ist dringend nötig. Also geht es zur nur wenige Meter entfernt fließenden Gennach, dem mit 47 Kilometern längsten Nebenfluss der Wertach. Nach dieser kurzen Pause geht es weiter Richtung Langerringer Ortsteil Gennach – Traktoren sind keine mehr in Sicht. Ein kleines Waldstück macht die Temperaturen erträglich, doch die Abkühlung ist nur von kurzer Dauer. In Gennach selbst scheint die Sonne unaufhaltsam, die mehr als 400 Jahre alte Kirche St. Johannes der Täufer ist das dominierende Bauwerk. Das Gotteshaus ist einer der wenigen, kaum veränderten ländlichen Sakralbauten der Spätrenaissance in Südbayern.
Dieser malerische Anblick ist allerdings schnell verflogen. Denn der kürzeste Weg zum nächsten Etappenziel führt entlang der viel befahrenen Langerringer Straße. Ein Fußweg ist weit und breit nicht auszumachen, entspanntes Wandern sieht anders aus. Immer wieder geht der Schritt wegen der entgegenkommenden Autos zur Seite ins mehr als knöchelhohe Gras. Zwei Kilometer, die einem Grenzgänger nicht positiv in Erinnerung bleiben. Fest im Blick sind die großen Betonsilos der Mälzerei Malteurop Deutschland in Westerringen, einem weiteren Ortsteil Langerringens. Auf dem Weg dorthin gibt es eine interessante Entdeckung: Am Rand eines Feldes liegt ein Stück Schnur; an dem einen Ende hängen die Reste eines gelben Luftballons, am anderen Ende ist eine Ballonkarte angebracht. Die Spannung steigt: Wie weit ist der Ballon wohl geflogen? Doch die Enttäuschung folgt auf dem Fuß: Die Karte ist unbeschriftet. Stellt sich nur die Frage: Wer lässt eine leere Karte von einem Luftballon vielleicht Hunderte Kilometer weit fliegen?
In Westerringen angekommen, geht es entlang der ST 2035 zur Einöde – zum Glück gibt es dorthin einen Fußweg. Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer. Auf dem Weg nach Falkenberg und Schwabaich wird wieder auf der Straße gewandert. Das idyllische Schwabaich – noch schöner wäre es, wenn nicht seit einigen Jahren die beiden Windräder in unmittelbarer Umgebung stehen würden – ist im süddeutschen Raum bekannt. Dort gibt es seit mehr als 30 Jahren Sedlmeirs Trachtenhof. „Unsere Kunden kommen im Durchschnitt im Umkreis von 100 Kilometern zu uns. Manche fahren aber noch viel weiter“, sagt Firmengründer Werner Sedlmeir. Das liege an der großen Auswahl an Trachtenbekleidung auf mehr als 800 Quadratmetern, die meisten Kunden kämen zu ihm zwischen Ostern und Pfingsten. Einen Trend hat Sedlmeir ausgemacht: „Es geht eindeutig ins Hochwertige. Wir können nur mit Qualität überleben.“Die Konkurrenz durch das Internet sei zwar vorhanden, aber die „Leute wollen die Tracht sehen und sie anprobieren“. Von Schwabaich geht es zum Etappenziel und zur zugleich südlichsten Ortschaft des Landkreises Augsburg: Schwabmühlhausen.