Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Rassismus am Haus der Kunst?
Enwezor rechnet mit München ab
München Rund zwei Monate nach seinem Abschied aus dem Haus der Kunst hat sich der ehemalige Museumschef Okwui Enwezor erstmals dazu geäußert. Im Spiegel spricht der gebürtige Nigerianer von einer „Beleidigung“und sagt, er habe den Eindruck, „nicht mehr erwünscht“gewesen zu sein. „Ich bin geradezu perplex. Die Leistungen und Erfolge von sieben Jahren werden unter den Teppich gekehrt“. Enwezor glaubt, das liege auch an seiner Herkunft. „Ich sehe mich grundsätzlich nicht als Opfer von irgendwas. Aber es ist durchaus denkbar, dass meine Herkunft, auch mein Äußeres manchen zu Projektionen verleiten. Ich beobachte sehr wohl, wie ich kulturell abgewertet werde.“
Als Beleg für diese Vermutung nennt er die Kritik daran, dass er nicht Deutsch spricht. „Das wird auf erschreckende Weise überbetont. Manche Leute machen sich nicht einmal die Mühe, meinen Namen richtig auszusprechen, aber sie verlangen von mir, Deutsch zu sprechen“, sagte der 54-Jährige. „Ich glaube, dass es den Menschen, die nun verlangen, man müsse Deutsch sprechen, nicht um Kommunikation, sondern um etwas anderes geht.“Enwezor hatte sein Amt als künstlerischer Leiter Anfang Juni nach sieben Jahren aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt – drei Jahre vor Ablauf seiner Amtszeit. Er habe Krebs, sagte er dem Spiegel.
Das Haus der Kunst hatte bei seinem Abschied turbulente Zeiten hinter sich. Im Sommer 2017 wurden massive Geldprobleme bekannt. Auch die Nähe von Angestellten zu Scientology und Fälle sexueller Belästigung sorgten für Schlagzeilen. Der Aufsichtsrat reagierte mit Kündigungen und stellte Enwezor im Herbst einen kaufmännischen Geschäftsführer zur Seite.
Es werde ein „Bild des Scheiterns“konstruiert, sagte Enwezor. Dabei sei das Haus seit Jahren „chronisch unterfinanziert“und die umstrittenen Mitarbeiter hätten schon dort gearbeitet, als er angefangen habe. Enwezor glaubt darum an ein grundlegenderes Problem: „Womöglich passte unsere inhaltliche Ausrichtung nicht ins heutige politische Klima“, sagte er. Dieses bringe „viele Menschen in diesem Land dazu, all das, was in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurde, aufzugeben. Und das sieht man am deutlichsten am Umgang mit den Flüchtlingen. (...) Die heutige Debatte, der Grad an Feindseligkeit, ist wirklich gefährlich.“Wie über Flüchtlinge gesprochen werde, sei „erschütternd“.