Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Auf der Wohnungssuche
Leben Nicht nur in Gersthofen ist die Lage prekär. Die Nachfrage wird immer größer und die Warteliste immer länger
Alleinerziehend, drei Kinder und auf Wohnungssuche: Hier ein neues Domizil zu finden, ist für eine Frau aus Gersthofen gar nicht leicht.
Gersthofen Die Lage ist prekär: So empfindet es jedenfalls Sabine Rosenberger: Die alleinerziehende Mutter von drei Kindern, die in der Brucknerstraße in Gersthofen wohnt, sucht dringend eine neue Wohnung – und findet sie nicht, wie so viele andere Menschen auch nicht, die auf eine günstige Miete angewiesen sind. Alle Versuche Sabine Rosenbergers liefen bisher ins Leere. „Wer will schon eine alleinerziehende Mutter?“, ist sie sich des Problems bewusst.
Probleme hat die Gersthoferin eine Menge zu bewältigen. Sie ist nicht berufstätig, lebt „vom Amt“, vom Kindergeld und vom Unterhalt. Auch eine private Insolvenz macht ihr zu schaffen. Zehn und 13 Jahre alt sind ihre Töchter, 17 der Sohn, der eine Bäckerlehre macht. Zudem pflegt Sabine Rosenberger ihre Mutter. Und jetzt hat sie eine Räumungsklage ihres neuen Vermieters erhalten, der die Wohnung vor einem Jahr gekauft hat.
Er wolle die Wohnung sanieren und eine deutlich höhere Miete. Ende August soll Familie Rosenberger die Wohnung verlassen haben. Seit 2012 wohne sie in dem Gebäude, in dem auch Flüchtlinge wohnen. Jetzt zahlt sie 650 Euro warm, mehr gehe nicht. Inzwischen hat Sabine Rosenberger einen Rechtsanwalt eingeschaltet – und sie hat sich auf der Suche nach einer Wohnung unter anderem auch an die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises (WBL) und an die Stadt Gersthofen gewendet. Vergeblich.
Hier kennt man das Problem. Rosenberger ist nicht die Einzige, die in der Stadt eine günstige Wohnung sucht. Und auch nicht die Einzige, die warten muss, vielleicht auch vergeblich. Denn auf der Warteliste des Liegenschaftsamts, bei dem die Anfragen von Wohnungssuchenden ankommen, stehen viele Bedürftige, derzeit rund 60 Personen, so Pressesprecherin Ann-Christin Joder auf Rückfrage. Gersthofen verfüge über 80 städtische Wohnungen mit einem bis vier Zimmern – keine Sozialwohnungen, aber Wohnungen mit günstiger Miete. „Grundsätzlich ist die Lage prekär“, beschreibt AnnChristin Joder kurz und bündig das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage.
Eine alleinerziehende Mutter wie Sabine Rosenberger ist eben eine von vielen, „und jeder Fall ist ein Härtefall!“Das Liegenschaftsamt tue sich schwer bei der Auswahl. Wer ein halbes Jahr bei der Stadt erfolglos auf der Warteliste war, muss seine Anfrage aktualisieren. Auf jeden Fall erhalten die Suchenden im Rathaus eine Liste mit weiteren Adressen, an die sie sich wenden können.
Darunter sind auch private Anbieter von Sozialwohnungen wie das Bauunternehmen Deurer. „Wir haben in Gersthofen in der Berliner Straße circa 60 Sozialwohnungen“, erklärt Geschäftsführer Markus Deurer. Die Nachfrage gerade Alleinerziehender sei groß. Das Unternehmen führe mit einer Wohnungsbewerberin im Fall einer freien Wohnung ein Gespräch und kläre zunächst, wie und ob die Suchende die monatliche Miete bezahlen könne. „Im Raum Augsburg gibt es zu wenige Sozialwohnungen“, moniert Markus Deurer. „Man hat es nicht geschafft, so viele Sozialwohnungen zu bauen, wie aus der Sozialbindung herausfallen“, kritisiert der Geschäftsmann.
Derzeit baut das Unternehmen Sozialwohnungen in München und Horgau. Voraussetzung: Wer Sozialwohnungen baut, kann nur einen bestimmten Preis für ein Grundstück zahlen, „sonst funktioniert’s nicht!“Mieter einer Sozialwohnung zögen auch kaum wieder aus. „Wenn wir Sozialwohnungen bauen, haben wir die Kellerdecke noch nicht betoniert – dann sind schon alle vergeben!“
Den hohen Nachfragedruck und die Wohnungsnot bestätigt auch das Ulrichswerk der Diözese Augsburg. „Bezahlbare Wohnungen sind äußerst selten“, so Günter Gaugenrieder, im Ulrichswerk für die Hausverwaltung im Bereich Gersthofen und Augsburg zuständig. Das Ulrichswerk, an das Anfragende im Rathaus Gersthofen ebenfalls verwiesen werden, hat in der Brucknerstraße Gersthofen ein Objekt mit 48 Sozialwohnungen – überwiegend für Senioren, aber auch für Familien.
Wer eine solche möchte, muss einen Berechtigungsschein des Landratsamts Augsburg vorweisen. Eine Warteliste gibt es nicht. Das Ulrichswerk wähle Menschen aus, die eine Sozialwohnung erhalten, aber das Angebot an Wohnungen reiche nicht. „Wir müssen viele Ablehnungen aussprechen.“»Kommentar