Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Über dem Rothtal schweben
Sommerferien Warum die Freiheit beim Gleitschirmfliegen in Horgau-Auerbach nicht grenzenlos ist / Serie (9)
Horgau Auerbach „Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.“So einfach, wie von Reinhard Mey besungen, ist es dann doch nicht. Wer sich mit der Schleppwinde des Vereins Para-Air Augsburg im Horgauer Ortsteil Auerbach an den Himmel über dem Rothtal ziehen lassen will, muss einige Anforderungen erfüllen. Er braucht zunächst einmal einen Luftführerschein für Luftsportgeräte. Den kann man beim Fluglehrer des Vereins, Fred Karbstein, erwerben, der am Tegelberg in Schwangau eine Flugschule betreibt. 15 Tage sind nötig, um in die Geheimnisse des Paraglidens eingewiesen zu werden. Es werden aber auch Schnupperkurse angeboten, bei denen man erste Erfahrungen sammeln kann.
„Es kommt selten vor, dass sich Fremde auf unsere Anlage verirren“, sagt Engelbert Kohler, der Vorsitzende des Vereins Para-Air Augsburg West, der mittlerweile rund 120 Mitglieder zählt.
An diesem letzten HochsommerVormittag sitzt er selbst an der stationären Winde, die immer so platziert werden muss, dass der Start gegen die Windrichtung erfolgen kann. Sein Stellvertreter Bernhard Tochtermann zieht das rund 1000 Meter lange Kunststoffseil mit dem Quad zum Startplatz, wo schon Helmut Gastl wartet. Der Startleiter gibt die Daten des Piloten an den Windenführer weiter: Name und Gewicht und die Art des Schirmes. Nach dem Kommando „Seil straff“wird das Seil angezogen und der Startleiter gibt über Funk das Zeichen zum Start. Ein erster Ruck und die Falten des Gleitschirms füllen sich mit fünf Kubikmetern Luft. Und schon geht es nach oben. „Wir sind vollwertige Teilnehmer der allgemeinen Luftfahrt und fliegen nach den Sichtflugregeln“, erklärt Fred Karbstein, dass man immer beachten müsse, ob der Luftraum frei und verfügbar ist. Über manchen Lufträumen besteht nämlich Flugverbot. Wer von Auerbach aufsteigt, kann bis zu 2800 Meter hoch steigen. Vom kurzen Rundflug zurück an die Ausgangsstelle bis zu einer Langdistanz von durchschnittlich 70 bis 100 Kilometer ist alles möglich. „In dieser Höhe gibt dir keiner mehr Anweisungen. Da muss man selbst sein Hirn einschalten“, erklärt Fred Karbstein die Faszination dieses Sports. Gut absprechen muss man sich beim Tandem-Flug. Der Passagier, in Fliegerkreisen „Fußgänger“genannt, entscheidet, wie weit er fliegen will. „Wenn er es verträgt, können wir auch eine halbe Stunde spazieren fliegen“, sagt Karbstein. Die Freiheit ist dennoch nicht grenzenlos. In Auerbach besitzen nur wenige Mitglieder einen Beförderungsschein, der für TandemFlüge notwendig ist.