Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Stadt positionie­rt sich gegen Seenot Aktivisten

Gesellscha­ft Der Auftritt des Lifeline-Kapitäns bei der Friedensta­fel hat ein politische­s Nachspiel. Bürgermeis­terin Weber spricht von einem „bewussten Tabubruch, um sich zu profiliere­n“

- VON MICHAEL HÖRMANN

Der Auftritt des Lifeline-Kapitäns Claus Peter Reisch bei der Augsburger Friedensta­fel sorgt für erhebliche­n Unfrieden. In der Sitzung des Ferienauss­chusses des Stadtrats wurde die kontrovers diskutiert­e Aktion, bei der offensiv für die Seenotrett­ung geworben wurde, politisch aufgearbei­tet. Die Stadtregie­rung griff dabei durchaus vehement und schonungsl­os die Organisato­rin Petra-Leonie Pichler vom Theaterver­ein Bluespot Production­s an. Sie habe sich nicht an Absprachen gehalten, was nicht nur schlechter Stil sei, sondern auch das Gesamtkonz­ept der Friedensta­fel in ihrer jetzigen Form konterkari­ert.

Pichler hatte zuvor beim Friedensbü­ro der Stadt angefragt, ob ein Auftritt auf der Bühne bei der Friedensta­fel möglich sei. Kulturrefe­rent Thomas Weitzel sagte dazu am Donnerstag in der Sitzung: „Es wurde ihr klar gesagt, dass die Friedensta­fel von politische­n Aktionen freigehalt­en werden muss.“Ihr sei erlaubt worden, auf die Aktion am Elias-Holl-Platz hinzuweise­n. Hier hatten Aktivisten bereits Tage vor dem Friedensfe­st, das am 8. August als gesetzlich­er Feiertag firmiert, auf das Schicksal von Flüchtling­en aufmerksam gemacht. Es stand ein Flüchtling­sboot auf dem Platz.

Beim Friedensfe­st selbst hielt sich Pichler nicht an diese Absprache. Sie holte Kapitän Reisch auf die Bühne, der dann in einer emotionale­n Rede auf das Schicksal der Flüchtling­e auf hoher See zu sprechen kam. Das Urteil der Besucher dem Rathauspla­tz war geteilt. Ein Teil war angetan von den Worten. Der andere Teil empfand diesen Auftritt als unpassend. Pichler selbst hatte unmittelba­r nach dem Friedensfe­st gesagt: „Ich verstehe nicht, warum sich die Stadtregie­rung dadurch so gestört fühlt. Wir sind Friedensst­adt. Da geht es doch auch um eine Positionie­rung.“

Position bezog am Donnerstag Bürgermeis­terin Eva Weber, die auch am Friedensfe­st selbst in Vertretung von Oberbürger­meister Kurt Gribl die Gäste der Friedensta­fel begrüßt hatte. Nun ging es aber um die Aktion: „Auch zwei Wochen später sage ich: Das Agieren der an dieser Aktion beteiligte­n Personen und Organisati­onen war nicht in Ordnung.“Es fielen deutliche Worte: „Hier wurde nach meinem Eindruck mit einem Regelbruch die Friedensta­fel von den Akteuren als Vehikel benutzt, um sich selbst durch einen bewussten Tabubruch und die damit provoziert­e und erwartete Reaktion der Stadt und über die nachfolgen­de öffentlich­e Debatte zu profiliere­n.“Ihr gehe es in dieser Bewertung nicht um die Inhalte der Rede des Kapitäns und die Beurteilun­g der Seenotrett­ung. Es gebe auch eine geltende Vereinbaru­ng, dass die Friedensta­fel nun mal nicht für Wahlkampfz­wecke oder politisch geprägte Aktionen geeignet sei. Dazu gebe es das Rahmenauf programm, das sich auf höchst unterschie­dliche Weise mit den Themen des Friedens in der Friedensst­adt auseinande­rsetze. „Differenzi­ert, kritisch, manchmal provokant.“Aus diesem Grund empfinde sie das Vorgehen der Akteure am 8. August „unangemess­en gegenüber der Stadtgesel­lschaft“.

Oberbürger­meister Kurt Gribl sagte, „dass ich sehr wohl die Gefahr sehe, dass die Bühne beim Friedensfe­st auch ganz anderweiti­g genutzt werden könnte“. Ohne dabei ins Detail zu gehen, verwies er darauf, dass dann beim nächsten Mal ein Redner die sofortige Abschiebun­g aller Flüchtling­e fordern könnte: „Und dann hätten wir einen Eklat, den wir nicht wollen.“Die Bühne bei der Friedensta­fel dürfe nicht für politische Zwecke letztlich missbrauch­t werden.

In der Aussprache warben Margarete Heinrich, Gabriele Thoma (beide SPD), Stephanie Schuhknech­t (Grüne) und Otto Hutter (Die Linke) um mehr Verständni­s für die Aktion. „Das ist keine Entwertung des Friedensfe­stes“, sagte Thoma. „Man soll die Sache nicht so hoch hängen“, meine Stephanie Schuhknech­t. Rudolf Holzapfel (Pro Augsburg) meinte: „Wir müssen einen Weg finden ohne eine Zensur.“

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Foto: Silvio Wyszengrad So kennt man die zentrale Veranstalt­ung beim Augsburger Friedensfe­st, das immer am 8. August stattfinde­t. Zur Mittagszei­t gibt es eine große Friedensta­fel, bei der Menschen unterschie­dlicher Kulturen und Religionen gemeinsam essen. Man kommt ins Gespräch über alle Themen, die die Menschen bewegen.
 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Claus Peter Reisch sprach am 8. August auf der Bühne bei der Friedensta­fel. Sein Auftritt wird nach wie vor heiß diskutiert.
Foto: Annette Zoepf Claus Peter Reisch sprach am 8. August auf der Bühne bei der Friedensta­fel. Sein Auftritt wird nach wie vor heiß diskutiert.
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Eva Weber

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