Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die USA werden zur Wirtschaftsmacht Nummer eins
Es ist ein Aufstieg, der fürs ganze 20. Jahrhundert prägend sein wird – und erst jetzt, 100 Jahre später, gerät die damals neue Ordnung ins Wanken. 1914 lagen die USA noch auf Platz vier der Wirtschafts-Weltmächte – in diesem Sommer 1918 aber übernehmen sie erstmals den Spitzenplatz. Bereits 1915 waren die Nettogewinne der amerikanischen Industrie auf 20 Prozent über dem Vorkriegsniveau geklettert – 1918 liegt die Marke bei 120 Prozent. Und auch die Profite der US-Farmer haben sich von 1913 bis 1918 mehr als verdoppelt.
Die Stärke der ja erst im April 1917 in den Krieg eingetretenen USA ist vor allem auch die Schwäche der bis dato führenden Wirtschaftsnationen, allesamt zentrale Kriegsparteien: Großbritannien, Deutschland und Frankreich. Deren industrielle und landwirtschaftliche Produktivkräfte liegen darnieder, und vor allem die Deutschen leiden Mangel. Denn während Frankreich und Großbritannien ja auch durch Transporte aus den USA versorgt werden und die deutschen U-Boote das kaum verhindern können, funktioniert die Blockade Deutschlands durch das im März 1918 gegründete „Allied Blockade Commitee“inzwischen nahezu perfekt. Auch neutrale Staaten wie die Niederlande und Dänemark binden die Alliierten durch Verträge gegen Waren- und Rohstofftransport ins Deutsche Reich mit ein. Es zeichnet sich ab: Auf der Weltbühne werden die USA der Kriegsgewinner – nicht nur als Wirtschaftsmacht Nummer eins, sondern fortan auch als Weltpolizei. Noch etwas, das sich nun, 100 später, womöglich wandelt…
Aber die Anerkennung der Wirklichkeit angeht – hier das, was von offizieller deutscher Seite im Sommer 1918 verlautbart wird: „Trotzdem alle nur möglichen ungünstigen Umstände eingetreten sind, die unsere Getreideversorgung infrage stellen konnte, kann heute gesagt werden, daß wir über den Berg sind und daß eine von vielen Seiten vorausgesagte Stockung in der Brotlieferung nicht mehr eintreten wird…“