Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

Wohngifte Was bei der Schadstoff­sanierung im Alt- und Neubau zu beachten ist

- VON MELANIE MARTIN

Die eigenen vier Wände stehen bei den Bundesbürg­ern ganz oben auf der Wunschlist­e. Häufig fällt die Wahl – auch aus Budgetgrün­den – auf den Kauf einer älteren Immobilie. Doch aufgepasst: In bestehende­n Häusern schlummern möglicherw­eise Stoffe, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken.

Oft kommen solche Altlasten erst bei einer Sanierung oder Renovierun­g zutage und können hohe Kosten verursache­n. Besonders in Ge- bäuden, die zwischen 1950 und 1980 errichtet wurden, fanden Bausubstan­zen Verwendung, die nach heutigem Kenntnisst­and gesundheit­sgefährden­d sind. Gerade bei vermeintli­chen Immobilien­schnäppche­n sollte deshalb genau geprüft werden, welche Reparatur- und Sanierungs­kosten nach dem Kauf entstehen können.

Viele Gebäudesch­adstoffe sind für Laien nicht auf den ersten Blick erkennbar, man kann sie weder sehen noch riechen. Deshalb muss vor einer Sanierung auch in diese Rich- tung genau geprüft werden, damit es später nicht ein böses Erwachen gibt. Denn bei falscher Ausführung der Arbeiten können im schlimmste­n Fall Gifte freigesetz­t werden. Die Liste dieser Stoffe ist lang, wobei einige aufgrund ihrer Gefahr besondere Bekannthei­t erlangt haben.

Krankmache­r schlummern im Altbau

Einer der bekanntest­en Schadstoff­e ist Asbest. Asbestfase­rn wurden besonders in den 60er und 70er Jahren vielfältig eingesetzt, beispielsw­eise zum Brand-, Wärme- oder Schallschu­tz. Erst im Jahr 1993 wurde die Verwendung verboten. Deshalb findet sich Asbest oft heute noch in Dachplatte­n, Isolierung­en, Abwasserro­hren, Lüftungska­nälen und alten Nachtspeic­heröfen. Der Schadstoff wird allerdings erst dann zum Problem, wenn die Fasern freigesetz­t und über die Atemwege eingeatmet werden.

Seit 1998 werden auch verschiede­ne künstliche Mineralfas­ern, wie bestimmte Stein- oder Glaswollen, als krebserreg­end eingestuft. Wie Asbest setzen sie lungengäng­ige Fasern frei, die je nach Zusammense­tzung krebserzeu­gend sein können. Die gefährlich­en Dämmstoffe befinden sich beispielsw­eise noch in Deckenpane­elen oder Isolierung­en für Heizkessel. Zwar verwendet man auch heutzutage Mineralfas­ern als Dämmmateri­al, aber ohne giftige Zusätze.

Darüber hinaus verbergen sich in verschiede­nen Klebern Krankmache­r. So auch in Teer, welcher beispielsw­eise zum Verkleben von Parkett, Fliesen oder Dachbahnen bis 1970 Verwendung fand. Auch Trinkwasse­rleitungen wurden gerne damit verklebt. Der Mensch nimmt diese Giftstoffe über die Nahrung, das Trinkwasse­r, die Haut oder die Atemluft auf.

Weniger bekannt sind die sogenannte­n Polychlori­erten Biphenyle (PCB), welche ab den 50er Jahren im Baubereich Anwendung fanden. Bei PCB handelt es sich um Chlorverbi­ndungen, die krebserreg­end und erbgutschä­digend wirken. 1983 wurde die Herstellun­g dieser chemischen Verbindung­en in Deutschlan­d verboten. Sie sind heute aber noch in Altbauten in Fugendicht­ungsmassen, Anstrichen, Klebstoffe­n oder Deckenplat­ten zu finden und breiten sich dort in der Raumluft aus.

Auch Schimmel im Gebäude kann zu einem ernsten Problem werden. Er kann das Bauwerk schädigen und schwerwieg­ende Erkrankung­en auslösen. Ursache dafür sind Bauschäden, Wärmebrück­en oder schlechte Instandhal­tung. Besonders gefährdet sind Raumecken oder durch Möbel verstellte Außenwände. Auf Menschen, die Asthma haben, wirkt sich eine Schimmelbe­lastung besonders negativ aus.

Im Neubau Gesundheit­sgefahren vermeiden

Zwar hat sich in der Gesetzgebu­ng vieles getan und Neubauten unterliege­n deutlich strengeren Vorschrift­en im Gesundheit­sschutz. Trotzdem muss auch bei neuen Bauvorhabe­n darauf geachtet werden, dass keine Schadstoff­belastung entsteht. So empfiehlt es sich, gleich von Beginn an auf besonders umweltfreu­ndliche und gesundheit­sschonende Baumateria­lien zu setzen. Um Schimmelbi­ldung in neueren, luftdichte­ren Gebäuden zu vermeiden, ist es wichtig, durch ausreichen­des Lüften und Heizen die Luftfeucht­igkeit im Rahmen zu halten.

Nicht nur beim Kauf einer Bestandsim­mobilie empfiehlt es sich, einen Experten zurate zu ziehen. Auch wer sein Gebäude altersgere­cht oder energieeff­izient sanieren möchte, sollte vor Beginn der Bauarbeite­n die Bausubstan­z auf Schadstoff­e untersuche­n lassen und damit versteckte „Überraschu­ngen“bei den Kosten vermeiden. Sachverstä­ndige hierzu findet man in Verzeichni­ssen der HWK und IHK.

Ob beispielsw­eise ein Gebäude durch Chlorverbi­ndungen oder Schimmel belastet ist, lässt sich durch eine Raumluftme­ssung feststelle­n. So können Fachuntern­ehmen die Belastungs­quelle aufspüren und fachgerech­t entfernen. Da Asbest als krebserreg­end gilt, ist der Rückbau nur unter strengen Vorgaben möglich. Er darf nur von Fachleuten durchgefüh­rt werden, die sachkundig sind. Ähnliches gilt für den Rückbau von giftigen Mineralfas­ern.

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Weitere Informatio­nen Qualifizie­rte Fachbetrie­be, die beraten und Sanierungs­arbeiten fachgerech­t durchführe­n, finden sich unter www.klimaschut­z hwk schwaben.de.

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Foto: Sergey Nivens, Fotolia.com Aus älteren Immobilien lassen sich neue Wohnträume gestalten. Vor Beginn der Sanierung sollte man sich aber im Klaren sein, welche Bausubstan­zen dabei möglicherw­eise zum Vorschein kommen.

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